Freitag, 14. Dezember 2012

Indienreise, Teil 12 - Kiffen und Frieren in Manali

Am nächsten Morgen, nach einem hervorragenden Schlaf, verspüre ich nicht den geringsten Drang, weiter nach dem Rainbow-Gathering zu suchen. Mir ist nach Einzelgang zumute, nach abenteuerlichem Erkunden dieses riesigen und schönen Landes. Das Schicksal möchte sehen, ob ich mir mit dieser Entscheidung sicher bin und so laufen einige Hippies mit Didgeridoos und anderen Instrumenten an meinem Bus vorbei, in dem ich bereits sitze und auf die Rückfahrt nach Rishikesh warte. Ganz sicher sind sie Teil des Gatherings. Ich hätte aussteigen und mit ihnen gehen können, kurz überlege ich, es zu tun, doch der Drang, alleine weiter zu ziehen ist stärker. So lasse ich meine letzte Chance, das Rainbow doch noch zu finden, davon laufen, bald ist sie außer Sichtweite. Der Bus fährt mit Stunden Verspätung los und die Fahrt gleicht, im Gegensatz zu der Hinfahrt, mehr einer Tortur.
Ich schlafe schließlich eine letzte nacht in Rishikesh, berausche mich zum Ausgleich für die strapaziöse Busfahrt mit Tramadol und suche im Lonely Planet nach interessanten neuen Reisezielen. Doch eigentlich steht mein nächstes Ziel schon seit einer ganzen Weile fest.

Wie bereits angedeutet, ist es gar nicht so leicht, unvorbereiteter nach Indien aufzubrechen, als ich es getan habe. Manali ist eine kleine Stadt im Himalaya. Sie befindet sich in einer Höhe, in der es durchaus schon sehr kalt ist. Als ich den Ort auf der kleinen Indienkarte im Lonely Planet ausfindig mache, schätze ich die Lage so ein, dass er sich noch weit weg von Schnee und Kälte, am Fusse der Himalaya-Ausläufer befindet. Welch Fehlannahme! Ausgerüstet bin ich mit seidendünner Sommerkleidung, einen leichten Pulli habe ich im Gepäck. Ich stelle mir ein kleines Dorf in einer angenehm warmen Gegend vor, mit Bergen im Hintergrund und jeder Menge Charas! Gut, da liege ich nicht ganz falsch, doch mit den Temperaturen habe ich mich verrechnet! Je weiter der unbequeme Bus hinauf in die Berge rumpelt, desto mehr dämmert mir, dass ich in einer Winterlandschaft ankommen werde! Ich erblicke Schnee. Etwas peinlich ist es mir, dass ich nicht auf die Idee gekommen bin, dass es in Manali kalt sein könnte. Doch zum Glück sieht niemand meine Gedanken. Ich ziehe mir zwei Hosen an und mehrere T-Shirts und den Pulli. Dabei humpelt es so heftig, dass ich einen Meter aus dem Sitz geschleudert werde und hart wieder auf meinem Arsch lande. Die Inder neben mir lachen und freuen sich.


Dann stehe ich in Manali und friere mir den Arsch ab. Jemand kommt und möchte mir Haschisch verkaufen. Ja, Haschisch, gutes, ungestrecktes Charas, ich gebe zu, das ist einer der Hauptgründe, warum es mich hierher verschlagen hat. Doch als erstes brauche ich ein beheiztes Hotelzimmer! Und zwar schnell. Angeblich hat es 10 Grad, doch mir kommt es eher vor, als wären es Minusgrade. Vor zwei Wochen lag noch so hoch Schnee, dass man die Straßen nicht passieren konnte, erzählt ein Einheimischer.
Schnell finde ich ein Hotel und wärme mich erstmal auf. zum Glück kommt am Mittag des Tages die Sonne raus, was ich zum Anlass nehme, endlich auf Haschisch-Suche zu gehn. Ich werde nach einiger Zeit, in der ich Manali besichtige, angesprochen. In einem Souvenirladen erwerbe ich unter der Ladentheke ein Stück Hasch. Doch auch dieses ist gestreckt und nicht das, was ich suche. Eigentlich bin ich ja gar nicht so der Kiffer, doch dieses Indische Charas, von dem so viel erzählt wird, möchte ich einfach mal probiert haben.
Ich verbringe einige Tage fast ausschließlich im Hotel, denn es regnet ununterbrochen und die Kälte macht mir zu schaffen, nachdem ich zuvor wochenlang 30 - 40° C hatte.
Schließlich ziehe ich um, nach "Old-Manali", 2 Kilometer entfernt. Hier stehen eher einfache Lehmhütten; statt Hotels bieten Familien Zimmer in ihren Hütten an. Ich komme bei einer dieser Familien unter und habe nun einen kleinen Raum, lediglich mit Matratze und einem kleinen Holzofen ausgestattet. Trotz oder gerade wegen dieser Einfachheit, fühle ich mich hier wohler, als in dem Hotel in Manali. Der Vater der Familie ist ein sehr engagierter Haschisch-Händler. Ein deutscher Staatsanwalt würde sagen: Er betreibt einen schwunghaften Handel mit Betäubungsmitteln. Zwischen 3 Qualitäten kann ich hier auswählen, ich teste mich durch alle durch und bin Tagelang lethargisch und weniger unternehmungslustig. Ist es das denn Wert? Ich rätsele, wie die anderen Traveler, die durchgehend kiffen, überhaupt noch etwas gebacken bekommen. Bei mir war es schon immer so: Kiffe ich viel, tue ich nichts. Dafür bin ich aber nicht nach Indien geflogen! Ich weiß jetzt, wie reinstes Himalaya-Haschisch schmeckt und wirkt, ja, schöne Sache, doch wenn ich schonmal hier bin, auf dem Dach der Welt, so will ich es doch auch mal nüchtern erkunden. Ich stoppe also den Konsum und will von Haschisch zunächst nichts mehr wissen. Was gar nicht so leicht ist, da der Familienvater, der mir das Zimmer vermietet, jeden Morgen anklopft und angeblich noch bessere Ware als am Vortag anzubieten hat. Er setzt sich dann ins Zimmer, packt sein Chillum aus und ist sichtbar beleidigt, wenn ich ablehne, wenn er es mir hin hält. Doch ich kann nicht mehr! Lass mich bloß in Ruhe! Bitte kein Hasch mehr! Es ist, als spreche das Schicksal höhnisch durch den Familienvater zu mir: "Du bist hergekommen wegen Haschisch, verschmähst die schöne Landschaft und liegst nur rum, also friss gefälligst dein Hasch. Friss es, du Kulturbanause!" (Obwohl Haschischrauchen einen Großteil der Kultur ausmacht, oben im Himalaya - das muss man mir lassen).



Ich wandere später noch ein wenig in der Gegend herum - ja, es ist schön, doch Berge kenne ich aus der Schweiz und irgendwie ist es nicht so ganz das, was ich möchte. Ich sehne mich nach Wärme und Wasser und einfach nach Neuem. Nach etwas ganz Neuem. Der Manali-Ausflug war einer der Tiefpunkte der Reise. Schnell beschließe ich, aufzubrechen und zurück ins Warme zu fahren.


1 Kommentar:

Gets Holidays hat gesagt…

Manali ist ein sehr schöner Ort, und Sie haben sehr schön in Worte gefasst
Indien Rundreise