Sonntag, 16. Oktober 2011

Indien, Teil 8 - was man nicht alles macht

Ich kiffe mich verträumt durch eine weitere Woche und lebe halt so vor mich hin. Bis ich eines Tages feststellen muss, dass das Geld, welches ich in Goa noch abgehoben habe, jetzt aufgebraucht ist. Und in Gokarna, das habe ich unwillig einsehen müssen, funktioniert meine Geldkarte nicht an den zwei vorhandenen Automaten. Ich muss also, ob ich möchte oder nicht, den Ort verlassen. Und wenn es nur kurz zum Geldholen ist. Naja, halb so wild.
Was hab ich da im Lonely Planet gelesen, es gibt nicht allzu weit weg einen Ort, den man sich unbedingt anschauen sollte. Hampi.














Hampi war im Mittelalter eine blühende Hindustadt. Heute sind die weitläufigen Ruinen eine Attraktion für Touristen und ein echt klasse Ort für Backpacker. Fast so toll wie Gokarna. Nur gibt es anstatt dem Meer felsige Wüste und trockene Luft. Durch das kleine bewohnte Dorf, inmitten der Ruinen, fließt ein breiter Fluss, der in der Monsunzeit noch viel wasserhaltiger sein soll. Nirgends gibt es eine Brücke; um ans andere Ufer zu kommen, steigt man in ein kleines Motorboot, das den ganzen Tag hin und her fährt.
Drüben, am andern Ufer gibt es die gemütlichsten Guesthouses.
Für die besichtigung der Ruinen kann man sich entweder ein Fahrrad oder ein Motorrad ausleihen. Um zu Fuss zu gehen, muss man schon das Laufen sein Hobby nennen.
Bevor ich allerdings dazu komme, auf Besichtigungstour zu gehen, arrangiert der Teufel noch schnell eine kleine Begegnung für mich: Da schlendere ich gerade so durch die Hauptstraße des Dorfes, mit ihren vielen Läden und Ständen an den Seiten, es herrscht viel Trubel, als von hinten ein dickerer Inder mit zusammengebundenen, langen Haaren auf dem Mofa angefahren kommt und neben mir langsamer wird. "Hasch? Marihuana?", fragt er mich und achtet nicht mal darauf, ob ihn vielleicht die falschen hören könnten. Weiter vorne sehe ich Polizisten patroullieren, mit langen Stöcken.
Ich habe, gut versteckt, noch einen Rest Hasch aus Gokarna dabei und bin also nicht bedürftig. Zuerst ignoriere ich ihn und laufe ohne Blickkontakt weiter. "Hasch? Marihuana?" Er bleibt an mir dran, doch ich vesuche, mich nicht beirren zu lassen. Dann fällt dem Teufel etwas ein und er lässt den Typ auf dem Mofa sprechen:" Hasch? Opium?" Ich werde langsamer und will es eigentlich nur denken, doch ich wiederhole leise: "Opium?" Auf einmal hat der Mann meine Aufmerksamkeit. Es ist doch wie verhext, dem starken Zauberbann der Mohnin kann ich mich einfach nicht entziehen. "Follow me in my restaurant!" So, er führt also zur Tarnung ein Restaurant? Ich gehe an den Gästen vorbei, die ganz legal ihr bestelltes Essen vertilgen und fühle mich auf einmal unheimlich kriminell. Ich muss an die Polizisten denken, die mich vielleicht gesehen haben könnten, wie ich mit diesem Dorfbekannten (?) Dealer mitgehe. Ich werde in einen Raum neben der Küche geführt, der etwas von einem Verließ hat. Großartig, es funktioniert: Was ich denke, wird Wirklichkeit.
Also versuche ich, nicht mehr ans Gefängnis zu denken. Leicht ist es nicht. Ich warte dort 5 Minuten, dann kommt der dicke und zeigt mir sein Opium. Ein Zehn Gramm Klumpen für knapp 30 Euro? Verführerisch, doch ich denke auch an die Folgen. Auf einen Entzug im heißen Indien, allein ohne Bezugsperson habe ich weniger Lust. Aber wer Mohn kennt, weiß wie das ist: Kurze Zeit später laufe ich mit dem Opiumklumpen in der Tasche durchs Dorf zu meinem Guesthouse. Ich bin dabei sehr paranoid, denn der Inhalt meiner Taschen, das ist mir bewusst, ist die Eintrittskarte für ein potenzielles Jahrzehnt im menschenunwürdigen, Indischen knast.

[Ich denke heute, dass ich Anfangs zu überängstlich war. Außer dem einen Vorfall in Goa kam ich nämlich während der gesamten Reise nicht mehr mit der Polizei in Kontakt, nur vielleicht um kurz nach dem Weg zu fragen. Aber man muss ja erstmal das Risiko einschätzen lernen.]

Im Zimmer angekommen, esse ich voll freudiger Erwartung ein Stück Opium. Ich muss mir Stunden später eingestehen, dass das Material wohl stark gestreckt ist und wenn überhaupt, dann nur ansatzweise Opium enthält. Ein Wink mit dem Zaunpfahl aus dem Garten Eden? Ich schmeiße den Dreck weg und will von Opium erstmal wieder nichts mehr wissen. Dieses ewige Hin und Her! In was für zwischenmenschliche Abgründe einen die Vorliebe für derlei Substanzen doch immer wieder führt...

Montag, 3. Oktober 2011

Indien- Reisebericht, Teil 7: Die Seele baumeln lassen in Gokarna

Klinken wir uns doch etwa eine Woche später wieder ein. Mittlerweile habe ich Goa verlassen, weil ich es eingesehen habe, dass dieser kleine Bundesstaat mir irgendwie nicht gut tut. Mir graust es beinahe vor Goa und ich erhoffe mir, im weiter südlich gelegenen Gokarna ein paar Traumstrände ausfindig zu machen und weniger sinnlose Partys ertragen zu müssen. Partys, die versuchen, ein Konzept des Zusammenseins nachzuahmen, das sich im heutigen Goa oder vielleicht auch im ganzen heutigen Indien wohl nicht mehr richtig verwirklichen lässt. So jedenfalls mein Eindruck
Die Busfahrt nach Gokarna ist auffällig entspannt. Ich habe ein gutes Gefühl, dort hin zu fahren, denn Gokarna ist ein sehr heiliger Ort für die Hindus. Nicht so wie der Partystaat Goa. Ich sehne mich nach weniger aufdringlichen Händlern und nach Nüchternheit. Denn eigentlich hatte ich ja vor gehabt, Indien möglichst Drogenfrei zu erkunden. Dieses Vorhaben sollte sich allerdings nur teilweise umsetzen lassen.

Nach der Ankunft fahre ich mit einer Rickshaw durch hügelige Dschungelwälder und staune nicht schlecht als sich auf einer Seite plötzlich ein sagenhafter Blick ins Tal hinunter bietet, wo der Dschungel in einen Traumstrand und dann ins im Abendlicht glitzernde Meer übergeht. Da will ich hin!
In Gokarna kosten die Unterkünfte höchstens halb so viel wie in Goa. Das freut mich, angesichts meiner doch recht knapp bemessenen Geldvorräte, mit denen manch einer vielleicht gar nicht erst los geflogen wäre. Einen Rückflug habe ich noch nicht und im Land bleiben möchte ich mindestens 3 Monate.
Ich laufe den Om-Beach entlang, der tatsächlich die Form eines "Om" hat, wenn man von der richtigen Seite aus schaut. 

Dort finde ich schnell eine Unterkunft, die mir gut passt. Viele einfache Lehm- oder Strohhütten in einem Palmengesäumten Garten für fast nichts. Ich beziehe Quartier. Am Abend, nach einem Thali (Reisgericht), treffe ich auf einen kiffenden Franzosen. Und wieder schiebe ich meine Vorsätze beiseite, denn die Neugier ist einfach zu groß. Ich habe schon öfter gehört, dass in Indien auch das Haschisch von überragender Qualität sein soll. Ich bin aber wenig beeindruckt, als der Franzose mir schließlich den Joint übergibt und ich ein paar Mal daran gezogen habe. Das ist echt mieses Zeug, obwohl es gut aussieht. Ein Typ aus Israel gesellt sich zu uns. Er hat "stomach problems", was so viel bedeutet wie Dünnschiss. Ich für meinen Teil hatte das einen Tag lang in Goa und hoffe, dass es sich damit auch erledigt hat. Mein Magen, so denke ich fast stolz, hat sich sehr schnell an die doch recht andere Kost in diesem Land gewöhnt. Oder vielleicht hat es bei mir nur einen Tag gedauert, weil ich in Goa noch ein Tuch bei einem Shop gekauft habe; und die nette Verkäuferin mich daraufhin großzügigerweise nicht mit einem Fluch belegt hat, der mich den Rest meines Leben hätte scheissen lassen. Doch ich wog mich zu früh in Sicherheit. 
Auch der Israeli ist zur Genüge mit Hasch ausgestattet, so wie eigentlich jeder Tourist, den ich auf der ganzen Reise getroffen habe. Die beiden haben ihr Zeug aus Goa. Ich werde erst zu einem späteren Zeitpunkt der Reise erfahren, dass es in Indien eigentlich nur noch eine Region gibt, wo man den echten Charas kaufen kann. Nach einer merkwürdigen Konversation - der Franzose spricht und versteht nur mäßig Englisch, so wie ich wiederum nur mäßig Französisch verstehen und sprechen kann - gehe ich dann doch etwas bekifft in meine Hütte und mach's mir unterm Mückennetz gemütlich.
Am nächsten Tag, der so sonnig ist wie fast alle Tage zu dieser Jahreszeit, fällt mir auf, dass ich ja noch gar nicht angebettelt worden bin. Genauso wenig hat irgendjemand versucht, mir etwas anzudrehen. Es laufen zwar Händler am Strand entlang, doch bald stelle ich fest, dass sie lange nicht so aufdringlich sind wie in Goa und sich in fast allen Fällen mit einem freundlichen "no, thanks" abwimmeln lassen. 
Ich schaffe es dann tatsächlich, in einem Zeitraum von etwa einer Woche, keine Drogen zu nehmen. Außer die kleinen lustigen Bidies natürlich, die ich inzwischen anstelle von Zigaretten rauche. In dieser Zeit wechsele ich die Strände und Unterkünfte um Gokarna, wobei ich stets kleine Strohhütten bewohne. Es geht alles so locker und harmonisch zu, dass ich mein Gepäck einfach in einer Hütte liegen lasse, die man nicht mal abschließen kann. Sind ja nur Hippies da. 

Die meiste Zeit verbringe ich in Hängematten und im Meer. Ab und zu quatsche ich mit diesem und jenen, wandere zwischen den Stränden durch den hügeligen Dschungel hin und her und probiere die Speisekarten der Küchen durch, die mir völlig neue Aspekte der kulinarischen Welt eröffnen. Mein Kopf ist inzwischen wieder recht klar und ich habe eigentlich vor, diese Klarheit weiter auszubauen. Eines Tages allerdings, ich bin gerade unterwegs zwischen Om-Beach und Halfmoon-Beach mit dem Ziel Paradise Beach, da höre ich geflüsterte Rufe aus einem Gebüsch am seitlichen Hang. Ich schaue hin. Ja, ich bin tatsächlich gemeint. Da steht jemand mit Baseballcap hinterm Busch auf und schaut sich um. Die Luft ist rein. "Manali Cream?", fragt er mich. Ich weiß zufällig, dass das eine Haschischsorte ist. Und dann geht es wieder los in meinem Kopf, nüchtern oder nicht? Ach was ist schon ein bisschen Kiffen, ich kann mir das Dope ja zumindest mal anschauen. Schwups sitze ich neben ihm hinterm Busch. Es gibt gleich 4 Sorten Hasch im Angebot und Gras, das wie Heu aussieht. Die teuerste Sorte Kostet 1800 Rupees. Das sind 30 Euro. Dafür bekommt man dann 10 - 12 Gramm. Weniger kaufen geht nicht. Entweder die ganze Wurst oder nichts. Ich sage ihm, dass ich gleich mit Geld zurück komme. 
Später sitze ich vergnügt in meiner Strohhütte und drehe den ersten Joint. Die teuerste Sorte wirkt richtig gut. Dass es sich aber auch dabei um stark gestrecktes Material handelt, so wie man es in beinahe ganz Indien erhält, dass weiß ich noch nicht. Und mit was es teilweise gestreckt wird, zum Glück auch nicht. 
Die folgenden Tage vergehen hauptsächlich derart, dass ich an verschiedenen Orten Hasch rauche. In der kleinen dunklen Hütte morgens, in der kleinen dunklen Hütte Abends zur Moskitozeit, am Badestrand, auf einem felsen bei Sonnenaufgang...

Donnerstag, 29. September 2011

Indien, Teil 6: Der Schwindel fliegt auf

Ich sitze auf der Couch im Wohnzimmer der Company und muss mich ständig kratzen. Außerdem bin ich auffällig euphorisch. Der Boss vermutet, dass ich wieder einen "drop" genommen habe. Vicky und Ravi stimmen ihm grinsend zu. Ich schweige zu der Vermutung und möchte das Heroin auch nicht erwähnen. Der Boss bittet mich, in seinem Haus keine Drogen zu nehmen. "ok, no problem."
Alle Versuche von Ravi und dem Boss, mir an diesem Abend ein "business" aufzudrängen, scheitern kläglich an meinem Geisteszustand. Ich weiß gar nicht, was sie genau wollen, sage mal ja, mal nein und schließlich stimmen alle überein, dass ich besser schlafen gehen sollte. Ich bin froh über den Rückzugsraum, nehme auf dem Klo noch etwas Heroin und lege mich dann hin. Es folgt ein dämmriger Schlaf, ich wache oft auf und lege nach.
Am nächsten Spätnachmittag erwache ich dann ein weiteres Mal und beschließe, endlich aufzustehen. Ich komme mir sehr verdächtig vor, so lange "geschlafen" zu haben. Von mir aus hätte ich natürlich noch länger liegen bleiben können.
Ein Rest Heroin ist nass geworden und ich schmeisse das Briefchen weg, weil ich auf einmal keine Lust mehr auf Drogen habe. Und noch weniger auf Gefängnis. Dann betrete ich das Wohnzimmer.
Mir fallen viele Dinge wieder ein: Ich bin ja bei den Leuten nur zu Gast, weil sie sich erhoffen, mit mir ein Geschäft machen zu können. Jetzt muss endlich Klarheit in die Angelegenheit gebracht werden! Der Boss redet mit mir ein weiteres Mal über ein paar noch zu erwähnende Kleinigkeiten. Ich versuche mir den Kater nicht anmerken zu lassen und höre eher genervt zu. Ich warte eigentlich nur, bis er fertig geredet hat, um dann zu verkünden, dass ich zurück nach Anjuna gehen werde und an ihrem business nicht interessiert bin.
Der Boss will wissen, wieviel Geld ich eigentlich zum Reisen habe. Ist das wichtig für den Job? Yes, denn angeblich würde in ungefähr 1% der Fälle vom Zoll verlangt werden, mindestens einen Teil des Geldbetrages vorzuweisen, den das Schein-Diamantengeschäft mit der Company kosten würde. Ich habe nicht genug Geld dabei um ein 7000 Euro-Business durchzuführen. Ob ich bei meiner Bank überziehen kann? Nein?! Jetzt werde ich aber richtig stutzig.
Warum genau muss ich einen bestimmten Geldbetrag auf Tasche haben? Ich frage nach, die Erklärung bleibt die gleiche: Wegen der möglichen Nachfrage vom Zoll. Ich denke nach, kann mir daraus aber keinen Reim machen. Für mich wird es immer offensichtlicher: Die wollen mich irgendwie übers Ohr hauen. Ob ich mir von meinen Eltern oder Freunden Geld leihen könne für das business...nein, also an dieser Stelle wird es doch zu bunt. Ich möchte aussteigen. Der Boss wird sichtlich mieser gelaunt. Später fängt er an Whisky zu trinken. Er raucht mir fast alle meine Zigaretten weg ohne zu fragen. Schließlich kommt so etwas wie ein Outing: Also gut, wenn ich den Job nicht machen wolle oder könne, gäbe es noch einen zweiten. Ja, bitte? Ich könne für die Company rekrutieren gehen. Sprich, Leute am Strand ausfindig machen, ihnen von dem Job erzählen und eine Provision von hundert Euro oder mehr kassieren, wenn einer den Job tatsächlich macht. 
Wenn ich also einen Deppen anschleife, denke ich mir, einen armen, naiven hippie auf LSD zum Beispiel, einen mit einem ehrlichen Gesicht.
Vicky, Ravi und der Boss kommen mir auf einmal bedrohlich rein. Die Stimmung ist definitiv angespannter. Äh, ja klar, den Job mache ich, ich kenne da auch zufällig einen anderen Deutschen, einen Freund von mir, der sowieso schon in Anjuna auf mich wartet. Ich packe meine Sachen im Schlafzimmer. Nichts wie weg hier. Ich kann nicht mehr genau einschätzen, wie die drei wirklich drauf sind, ob sie möglicherweise auch einfach mein Geld mit Gewalt klauen würden. Als ich dann schließlich die Wohnung verlasse, muss ich beinahe über den Whiskyberauschten Boss drüber klettern. Vicky und Ravi sind nicht mehr da. Ich gehe, ohne mich zu verabschieden. 
Draussen steht ein Taxi, wie bestellt. Schnell steige ich ein und lasse mich zurück zu meinem gemieteten Zimmer, nach Anjuna fahren. Dort wartet natürlich kein Freund auf mich.

Später habe ich mich im Internet schlau gemacht, was es mit diesen Edelsteingeschäften auf sich hat. Es gibt mittlerweile zahllose Opfer solcher "Geschäfte". Immer nach einer ähnlichen Masche. Man soll Edelsteine ins eigene Land bringen und eine gute Provision bekommen. Wenn man sich gutgläubig darauf einlässt, geht es in verschiedenen Variationen weiter: Entweder gibt es plötzlich "Zollprobleme", man muss angeblich eine Strafe Zahlen und es drohen Haft im Indischen Gefängnis, und lange Gerichtsprozesse. Die "Freunde" können einem in diesem Fall natürlich helfen, aber es kostet viel Geld. Von Leuten als Polizisten verkleidet habe ich gelesen, von gefälschten Briefen vom Gericht... In anderen Fällen wird das Packet tatsächlich zur Post gebracht, doch sie holen es sich mit dem Paketschein später wieder, und kassieren irgendwie von der Kreditkarte ab.
Ich habe den genauen Prozess bis heute nicht durchschaut. Auf jeden Fall aber wird man aufs kaltblütigste reingelegt!

Mittwoch, 28. September 2011

Indien - Reisebericht Teil 5: Ver(w)irrt

Der Junge, der sich seine Portion gespritzt hat, begleitet mich noch ein wenig. Mir fällt auf einmal etwas ein und dabei wird mir trotz dem mohnigen Schutzzauber doch irgendwie bange: In Indien erhält man Gefängnisstrafen von mindestens 10 Jahren, wenn man mit Drogen von der Polizei erwischt wird. Egal, welche Droge und welche Menge. Und das mit den 100 Dollar Bakschisch funktioniert angeblich schon lange nicht mehr so reibungslos.
Schaurige Bilder von düsteren Kerkern mit Kakerlaken und überfüllt mit ausgehungerten Menschen ziehen an meinem inneren Auge vorbei.
Die wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, schätze ich auch nicht mal als so gering ein. Ich habe gar nicht erwähnt, dass ich und Ravi, als wir in der vorangegangenen Nacht zusammen mit dem Roller gefahren sind, von einem Polizisten angehalten worden sind. Dieser hat meine Taschen durchsucht und Ravi völlig unangetastet gelassen. Kurz habe ich auch schon den Verdacht gehabt, dass Ravi mich absichtlich in eine Polizeikontrolle gelotst hat, weil er um meinen Geisteszustand wusste und vielleicht mit dem Polizisten, für den Fall, dass ich noch etwas in den Taschen hätte, gemeinam abkassieren wollte.
Na jedenfalls hat der uniformierte gesagt, dass er mir ansieht, wie drauf ich bin: "I can see it!" Gott sei dank hatte ich nur den einen LSD-Tropfen gekauft und ihn auch gleich auf der Zunge zergehen lassen. So musste ich nur kurz meine Taschen ausleeren und wir konnten weiterfahren. Ich verabschiedete mich mit den Worten: "Alkohol is my Drug!" Der Polizist: "Don't drink too much!"

Da steh ich also am Strand, mit dem Heroinbriefchen in der Hand und überlege, wo ich es gut verstecken kann, um mich sicherer zu fühlen. Nicht einfach in die Hosentasche! Ich habe sonst nur ein T-shirt an und Badelatschen.
In der Geldtasche gibt es auch kein wirkliches Versteck. Also stecke ich mir das Briefchen kurzerhand unter die Fusssohle, zwischen nackten Fuss und Schuhsole. Wir laufen keine 100 Meter und ich merke, dass ich das Briefchen verloren habe. Wir suchen gemeinsam, er findet nach etwa 5 Minuten das Päckchen und gibt es mir. Erleichterung. Nun stecke ich es doch einfach zwischen ein paar Geldscheine.
Dann geht's auf das Banana-Festival. Festival ist gut, es ist mehr eine Ansammlung von Ständen mit Essen, Trinken und Kleidung und ich werde von einem winzigen Kind mit riesigen Augen angebettelt. Es zupft mir an der Hose. Ich finde es in diesem Moment einfach nur niedlich. Es grinst so seelenleicht. In einigen Jahren wird ihm das Betteln wohl weniger Spiel, als vielmehr knallharter Überlebenskampf sein. Ich gebe 10 Rupees. Für mich nichts, für das Kind oder wem auch immer das Geld letztendlich zu kommt eine Mahlzeit.

Der Junge, der mir das Heroin besorgt hat, verabschiedet sich. Ich laufe völlig bedröhnt den Strand entlang. Bald möchte ich mich irgendwo hinlegen. Also auf gehts, das Haus der Geschäftsmänner suchen. Dort liegt noch etwas von mir und es ist einfach das nächste Bett. Wie ich nach Anjuna Beach zurückkomme ist mir vorerst ein Rätsel und ich werde dieses ein ander Mal lösen.
Doch der Rückweg gestaltet sich komplizierter als erwartet. Und es liegt nicht nur an meiner Dichtheit. Nicht nur sieht bei Dunkelheit alles anders aus, die Straßen in Indischen Städten sind sowieso ein recht undurchschaubares Gewirr.
Ich habe als Orientierungspunkt nur eine Kreuzung. Diese erreiche ich auch. Und dann? Nach links. Soviel ist sicher. Aber dann verlaufe ich mich gnadenlos. Ich laufe viel zu lange. Hier kann es gar nicht mehr sein. Doch es macht mir großen Spass, durch die Straßen zu laufen, meine Stimmung ist nach wie vor überragend. Ich kaufe mir einen Strohhut, als wäre das das sinnvollste, was ich tun kann. Dann fällt mir ein: Vicky hat mir seine Handynummer aufgeschrieben! Auf ins nächste Telefonhäuschen, wovon es in Indien an jeder Ecke eines gibt. Vicky geht ran. Ich erkläre ihm kurz die Situation und er nennt mir ein Restaurant oder so, wo ich hingehen soll. Von dort aus gehe direkt die kleine Gasse zum Haus ab. Ich bedanke mich und mache mich auf den Weg. Kurz darauf muss ich Vicky nochmal anrufen und nach dem Namen fragen. Im Telefonladen frage ich dann nach dem Weg zu besagtem Restaurant. Sie erklären es mir: Einfach nur die Straße entlanglaufen. Ich bin also vorher schon dran vorbeigekommen! Schließlich finde ich es ohne weitere Zwischenfälle und die Jungs von der Company begrüßen mich herzlich.

Dienstag, 27. September 2011

Die Schattenseiten von Google, Facebook & Co.

Vor Kurzem habe ich ja über Facebook als Sterbehilfe geschrieben. Nun etwas anderes, weniger ironisches:

Als Herrscher des Internets könnte man Unternehmen wie Facebook und Google bezeichnen. Sie haben überall ihre Hände im Spiel. Egal ob man eine Emailadresse haben möchte, eine eigene Internetpräsenz oder ob man einem geläufigen sozialen Netzwerk beitreten will - man stößt immer häufiger auf die Riesen Google oder Facebook. Ich merke es selbst, wie schwer es ist, dem auszuweichen: Ich möchte einen Blog schreiben, beherrsche aber selbst kein html. Also nehme ich die Vorlage von Blogger.com. Und wo muss man ein Konto eröffnen, um einen Blogger.com Blog nutzen zu können?
Immer mehr Menschen benutzen solche bequemen Vorlagen, vielleicht auch weil ihnen die Zeit fehlt, sich selbst eine Website zu basteln. Wohin wird das irgendwann führen? Doch sicherlich dazu, dass Google zum Einen, und ähnliche große Firmen zum Anderen, einen Großteil des gesamten Internetangebots kontrollieren. Und dann kann es problematisch werden, weil dadurch solche unschönen Dinge wie Internetzensur möglich werden. Google hat das Recht, selbst zu bestimmen, was auf den Google-unterstützten Seiten gezeigt werden darf und was nicht. Es kann zur gleichen Situation wie beim Fernsehen kommen, nämlich dass die Internet nutzende Bevölkerung nur die Informationen erhält, die sie erhalten soll.

Man kann dem, denke ich, nur ausweichen, wenn man unabhängige Internetseiten unterstützt und sich am besten mit einer eigenen Seite auch unabhängig macht.

Montag, 26. September 2011

Umzug fertig

So, ich habe eben den Großteil der Posts von indigo.blogsport.de hierher kopiert. So ist es etwas heimeliger und nicht so leer. In Kürze geht es hier weiter mit neuen Storys aus Indien und allerlei abwegigem, närrischen Gedankengut.
Das Kopieren war so anstrengend, dass ich jetzt erstmal Erholung brauche. Bis dann

Gedanken nach dem Aufstehen

Dieser Davis wurde ja hingerichtet. Ich fass es einfach nicht. Da protestiert die halbe Welt dagegen, Zeugen nehmen ihre Aussagen zurück und Leute wie der dämliche Gouverneur von Georgia bleiben stur. Letztendlich sind sie die wahren Mörder in diesem Prozess. Die Befürworter der Todesstrafe. Der Gouverneur, die Eltern des erschossenen Polizisten. Wie kann es für Letztere eine Genugtuung sein, wenn unter Umständen der Falsche hingerichtet wurde? Wahrscheinlich musste mal wieder ein Exempel statuiert werden.
Aber ihr habt ja nicht etwa geglaubt, dass wir uns gerade in rosigen Zeiten suhlen? Schon lange nicht mehr…
Alleine in den letzten hundert Jahren. Da war dieser eine Weltkrieg. Und der reicht nicht, die Leute brauchen einen zweiten, um ihre Phantasien ausleben zu können. Denn zum Menschsein gehört ja auch, brutal und gnadenlos sein. Oder etwa nicht?
Und dann schreien sie: Nie wieder Krieg! Ja klar, Leute, auf keinen Fall, ne? Jetzt ham wa’s geschafft, jetzt fallen wir auf nichts mehr rein!
Doch dann spinnen die Russen und die Amis. Denn die haben sich noch nicht im geringsten ausgetobt! Und erst die Chinesen!
Plötzlich gibt es überall den Fernseher und die Nachrichten. Die Leute sollen etwas Bestimmtes denken und Anderes nicht denken? Kein Problem, wir bringen die Nachrichten! Denn keiner Autorität wird mehr Vertrauen geschenkt, als den seriösen Nachrichtensprechern!
Und für die heute aufwachsenden Kinder sind der Fernseher und der schnell vertraute Nachrichtenmann nichts Neues, aufregendes mehr. Sie begegnen diesem Phänomen nicht als erwachsene, reflektierende Menschen. Für sie ist es von vornherein etwas Alltagsbegleitendes.
Sie können uns jetzt alles erzählen und die große Masse, die so darum bemüht ist, die Schule, die Uni, den Arbeitstag rumzukriegen, hat nicht mal mehr wenn sie wollte genug Zeit darüber nachzudenken. Den Wahrheitsanspuch der Nachrichten vielleicht in Frage zu stellen. Denn die Anforderungen in der Schul- und Arbeitswelt sind schon für die kleinsten so hoch.
Wie leicht das Volk auch heute noch zu mobilisieren ist, kann man hervorragend bei dem Experiment „Fußballweltmeisterschaft“ beobachten. Gib ihnen einen Anlass durch die Medien, durch das Fernsehen, durch den Führer, und sie werden folgen.
Die meisten.
Aber was erzähl ich euch…

Facebook als Sterbehilfe

Gerade schlürfte ich einen Kaffee hinunter und sogleich fingen meine Hirnwindungen an, sich um sich selbst zu schlängeln, gewagte akrobatische Bewegungen auszuführen und ich wurde wie magisch an den Laptop gezogen, um etwas niederzuschreiben. Um ganz ehrlich zu sein, ist es mir schon gestern Nacht im Bett, kurz vor dem Schlafengehn eingefallen und ich habe dann beschlossen, es am nächsten Morgen – sprich, jetzt – nochmal aufzutauen und darüber nachzudenken. Folgendes kam dabei heraus:
Ihr kennt ja alle Facebook. Dieses Unternehmen wünscht sich immer eindringlicher den völlig „gläsernen Benutzer“, wie es gestern in den Nachrichten hieß. Soll heissen: Die Benutzer dieses sozialen Netzwerks werden dazu animiert immer mehr persönliche Informationen preiszugeben und zwar an möglichst viele andere. Kurz und knapp gesagt: Die Privatssphäre eines Facebooknutzers wird in Zukunft kaum mehr dem entsprechen, was wir eigentlich unter dem Begriff „Privat“ verstehen. Vielen ist das egal oder sie nehmen es in Kauf, um weiter Facebooken zu können. Andere finden es grauenhaft und sehen den totalen Überwachungsstaat um die Ecke lauern.
Ich, für meinen Teil, möchte an diesem sonnigen Tage den Sachverhalt mal von einer ganz anderen, eher unkonventionellen Seite beleuchten. Manch einer würde es sicher auch als abwegig oder gar als Mumpitz bezeichnen, was nun folgt:
Schauen wir doch mal genauer hin, was passiert da eigentlich, wenn wir unsere Privatssphäre (nicht nur durch Facebook) verlieren? Ist das wirklich unbedingt etwas Unangenehmes?
Wenn es so abläuft, dass die Bürger eines Staates alles persönliche von sich brachliegen haben, und eine Regierung diese Informationen beliebig verwenden kann, ohne dabei selbst die Hüllen fallen zu lassen, dann: Ja!
Das ist dann nicht fair. Entweder alle oder keiner!
Wobei wir direkt bei einer weiteren Möglichkeit sind: Was wäre eigentlich, wenn jeder alles über jeden wüsste? Wenn wir gewissermaßen telepathisch verbunden wären und dadurch so etwas wie Privatssphäre einfach gar nicht entstehen könnte. Auch nicht für einen Staat. Ich möche noch weiter gehen und die Frage stellen, ob es nicht sogar das Private ist, das unsere derzeitige, miese zwischenmenschliche Situation zu verantworten hat. Wenn wir alles übereinander wüssten, gäbe es dann auch so viele Missverständnisse? Würden wir uns dann nicht anders verhalten, irgendwie verständnisvoller?
Was geschieht eigentlich nach dem Tod? Vielleicht werden wir rücksichtslos aus unserer eigenen kleinen Gedankenwelt herausgerissen und in den großen Pool, ins Licht, ins Sichtbare und Durchschaubare, zum ganzen Rest des lebendigen Universums geschmissen, wo wir uns dann zwangsläufig mit der Non-Privatität konfrontiert sehen. Wären wir dann lieber besser darauf vorbereitet?
Unter diesen Umständen – aber nur unter diesen – könnte man das zunehmende Abhandenkommen des privaten Lebens als eine hilfreiche Entwicklung sehen. Aber dazu muss man in der Lage sein, über sein menschliches Dasein hinaus zu sehen und zu erkennen, was für einen Nutzen das für den unendlichen Geist, auf seiner Wanderschaft durch das Universum, haben könnte. Vielleicht sollen wir mit den aktuellen Ereignissen auf dem Planeten auf unsere weitere Reise vorbereitet werden und missinterpretieren sie als etwas Unerwünschtes; bzw. ist die Ablösung von gewohnten, verfestigten Gegebenheiten zunächst oft eher ungemütlich.Wer weiß das schon alles so genau…

Indienreise, Teil 4: Ein altes Laster

Hätte ich den „Lonely Planet“ vor meiner Abreise etwas gründlicher angeschaut, dann wäre mir sicherlich der Kasten aufgefallen, in dem eindringlich davor gewarnt wird, sich auf dubiose Edelsteingeschäfte einzulassen. Nicht, dass es mir nicht äußerst spanisch vorgekommen wäre, als ich an diesem Morgen in Goa in einem fremden Haus erwachte und mein Trip noch ordentlich nachglühte. Doch die Geschichte hatte so plausibel geklungen, dass ich einfach nicht wahrhaben wollte, dass es Leute gibt, die einen auf so eine Art und Weise über den Tisch zu ziehen versuchen.
Ich erwache also im Gästezimmer der Geschäftsmänner und bin auf einmal total paranoid. Traue mich kaum raus ins Wohnzimmer, wo ich bereits Stimmen höre. Ich überwinde mich aber doch schnell.
Der Boss empfängt mich herzlich, fragt mich, ob sie irgendwas für mich tun können, ob ich was brauche. Es sitzt noch ein anderer, junger Mann im Raum, offensichtlich ebenfalls Tourist. Er wirkt irgendwie nervös, sieht aus, als hätte er die Nacht gefeiert, wie ich. Er spricht kaum etwas und steht bald auf, um zu gehen. Der Boss sagt, dass er aus Dänemark kommt und angeblich schon zum zweiten Mal für die Company arbeitet. Er bietet mir an, in dem Schlafzimmer umsonst zu wohnen, wenn auch ich den Job mache. Essen gäbe es ebenfalls jeden Tag. Bis zum Abflug. Ich bin verwirrt. Was genau war nochmal der Job? Nach Deutschland zurückfliegen? Die nächsten Tage? Unvorstellbar. Ich bin doch gerade erst angekommen?! Aber ein paar Tausend Euro so unkompliziert verdienen? Wann bietet sich eine solche Chance ein nächstes Mal? Moment – was, wenn es eine Abzocke ist? Aber wo genau ist dann der Haken? An welcher Stelle werde ich verarscht?
Ich lasse mir Details erläutern: Sie würden, wenn ich bereit wäre, mit mir zusammen die Zollpapiere ausfüllen und anschliessend mit mir zur Post gehen. In den Papieren für den Zoll müssen auch die Bankdaten angegeben werden, damit alles echt aussieht. Dann würde das zuvor gemeinsam verpackte Paket an die Post übergeben. Alles unter meinen Augen. Sie behielten den Paketschein zum auslösen des Pakets, ich flöge nach Deutschland. Dort träfe ich auf den Kontaktmann, dem sie den Paketschein zuschicken würden. Auslösen, abkassieren. Es klingt so schlüssig!
Der Boss hat sogar „Beweise“ für die Glaubhaftigkeit seines „business“ parat: Einen Stapel Kopien von Reisepässen all der Leute, die bereits mit der company zusammengearbeitet haben. Sie sehen echt aus. Sind das nun Leute mit dem besten Job der Welt oder arme Opfer einer ausgeklügelten Betrugsmasche?
Ich bin den ganzen Tag lang hin- und her gerissen. Ich traue der Sache irgendwie nicht, wünsche mir aber insgeheim, dass es wahr ist. Ich sage, ich brauche Zeit, das ganze zu überdenken. Eigentlich bin ich mir aber schon sicher, dass ich nichts riskieren will und mir meine Reise wichtiger ist, als solch einen merkwürdigen Job zu machen. Für diese Zeit stellen sie mir ihr Gästezimmer zur verfügung. Wie könnten so nette und gastfreundliche Menschen je betrüger sein?
Wenn du gedacht hast, bei Vicky handele es sich um eine Frau, muss ich dich leider enttäuschen. Vicky ist ein dicker, dunkler Mann mit langen Haaren. Vicky war es, der die anderen zu seinem vermeintlichen Vorteil lügen ließ und selbst eher ruhig war. Daher ist er mir der sympathischste Part dieses einfallsreichen Unternehmens.
Vicky zeigt mir auch, wie ich vom Haus aus zum Strand gelange, so wie gute Kumpels düsen wir mit dem Roller dahin. Ich versuche, mir den Weg zu merken und verabschiede Vicky. Allein. Zeit zum Durchatmen. In was bin ich da nur wieder rein geraten? Mein Geist ist noch immer leicht und sorgenlos, vom LSD am Vortag. Ich komme nicht mal auf die Idee, in ein Internetcafe zu gehen und mich über Edelsteingeschäfte in Indien zu informieren. Auf google hätte ich sofort etwas gefunden. Stattdessen wechsle ich Geld und laufe den Strand entlang.
Wie der aufmerksame Leser sicher schon bemerkt hat, bin ich dem hedonistischen Drogenkonsum nicht ganz abgeneigt. Ich habe mir sagen lassen, dass es in Indien noch sehr reines Heroin zu kaufen geben soll und das ist eben so ein kleines Laster. Wie das Rauchen. Ich entscheide mich also spontan, mir jetzt Heroin zu kaufen! Das mit den Edelsteinen ist irgendwie verdrängt.
Und in Indien ist es nun wirklich keine Kunst, blitzschnell an Drogen aller Art zu kommen. Ein Junge, vielleicht nicht mal ganz 18, spricht mich an, ob ich „smoke“ brauche. Nein, aber Heroin, please. Ja, das könne er besorgen. Was, denke ich mir stutzig, so schnell? Ich folge ihm voller Spannung.
Wir gehen in eine Art Armenviertel. Mir wird ein wenig mulmig. Dann eine Situation, in die man beim Drogenkauf auf der Straße wohl zwangsläufig gerät: Ich muss ihm das Geld mitgeben und er kommt gleich wieder mit dem Zeug. Wir diskutieren sicher zwanzig Minuten lang rum, ich will das Geld nicht mitgeben, er kann aber dann nichts holen gehen. Jeder bleibt zunächst stur. Ich gebe aber schliesslich nach, weil ich keine Lust habe, mich nach einem anderen Dealer umzuschauen und es außerdem allmählich dunkel wird und ich aus diesem Viertel raus will. Ich gebe ihm umgerechnet etwa 40 Euro mit. Viel zu viel für ein Gramm! Doch er lässt nicht mit sich verhandeln. Sein Freund mache die Preise. Dann warte ich. 5 Minuten später kommt er. Er hat noch immer das Geld. Sein Dealer befindet sich gerade in einem Morphin-Schlaf und wir müssen warten. Wir warten.
Später geht er nochmal los, es ist bereits richtig dunkel. Ich höre ihn mit einem Mädchen diskutieren. Oder streiten? Kurz darauf kommt er zu mir gelaufen, wir sollen hier weggehen. Er hat aber tatsächlich ein kleines Briefchen dabei. Wir gehen in eine Ecke, er öffnet es und darin befindet sich ein weiß-gelbliches Pulver. Vielleicht ein Gramm, vielleicht auch nicht. Er macht sich noch was ab, ich bekomme den Rest. Ich ziehe ein wenig durch die Nase und kurz darauf bin ich sooo zufrieden.

[Hinweis: Bei dieser Story soll es sich nicht um Drogenverherrlichung handeln. Heroin ist eine extrem gierig machende Substanz und der Konsum kann zu sozialer Verwahrlosung führen. Der Protagonist in dieser Geschichte ist krankhaft leichtsinnig und seine Handlungen in keinster Weise vorbildlich.]

Indienreise, Teil 3: Ravi und der Boss

Wenn ich LSD nehme, werde ich oft sehr gutgläubig und leichtsinnig. Was ich ja beides nicht als schlechte Eigenschaften verpönen möchte. Doch unter Menschen, die diese Charakterzüge schamlos ausnutzen, kann einem das zum Verhängnis werden…
Werfen wir also unseren Blick wieder auf die Party am Strand von Goa, wo ich gerade ein paar nette Wortwechsel mit einem Inder habe, der wie ein Ägypter aussieht. Ich schiebe es auf die Frisur. Nachdem ich ihm ein Bier ausgegeben habe, zwingt er mich mit einem Lachen zum Tanzen: „You have to!“ Die Party nimmt ihren Lauf, mir kommen die paar Stunden bis Mitternacht sehr lange vor.
Irgendwann treffe ich dann auf den überaus freundlichen Ravi. An dieser Stelle muss ich anfügen: Ich bin eigentlich ganz gut darin, Menschen ihre Absichten anzusehen. Schwindler und Konsorten, dachte ich bis zu diesem Zeitpunkt, könnte ich meistens recht schnell erkennen. Doch es gibt Menschen, die Lügen dir das Blaue vom Himmel herunter und du hältst es für Indigoblau…
Ravi ist so nett zu mir! Und so interessiert. Nach den unschönen Erfahrungen mit den Taxifahrern denke ich, dass es in Indien wohl so ist, wie in Europa auch: Auf den Goa-Partys trifft man nette Menschen. Diese Musik bringt sie einfach alle zusammen.
Ravi fragt, wo ich her komme, was ich dort so mache. Ich erzähle ihm die Wahrheit: Ich habe keinen festen Job und wenig Geld, bin eher planlos und spontan und gerade am rumreisen. Doch selbst mit wenig Geld gilt man in Indien als reich! Immerhin kann man sich einen Flug aus und nach Europa leisten, was für die allermeisten Inder undenkbar ist.
Ravi erzählt von seiner „company“, bei der er angeblich sehr gut Geld verdiene. Sie zahlten ihm gute Hotels und Essen und alles, was man dafür machen müsse, sei, ein wenig gepflegt aufzutreten und gut Englisch zu sprechen. Ich werde neugierig. Darüber will ich mehr wissen! Ich bin überrascht, als er mir sagt, dass auch ich dort arbeiten könne, wenn ich wollte. Arbeitserlaubnis? Quatsch, „nooo, you dont need.“ Ich werde kein bisschen stutzig, sondern bekomme auf einmal Visionen von mir selbst in der nahen Zukunft, wie ich in guten Indischen Hotels gutes Essen verputze und ab und zu mit irgendjemandem gutes Englisch spreche. Ist Ravi ein Zauberkünstler, der mir diese Visionen einspeist, auf dass sie jegliche Form von Misstrauen von Grund auf lächerlich erscheinen lassen?
Die Party ist vorbei. Ravi möchte mich zum Essen einladen und ich könne dabei auch gleich seinen „Boss“ kennen lernen. Ja, warum nicht? Wir fahren mit dem Roller ins benachbarte Dorf. Ich betrete ein gewöhnliches Wohnhaus. Auf dem Boden sitzt ein halbglatziger, etwas dicklicher Mann, sicher 10 Jahre älter als ich und Ravi. Der Boss. Er freut sich, dass ich Interesse an dem Job habe. Nunja, ich bin neugierig, das stimmt, aber Ravi scheint ihm gesagt zu haben, dass ich den Job machen möchte. Das geht alles etwas schnell und ein wenig mehr tun als gut Englisch sprechen muss man doch sicherlich!? Ich lasse mich also aufklären.
Das ganze klingt jetzt weniger seriös und ich mache mir zum ersten Mal Gedanken, warum die Arbeitserlaubnis eigentlich nicht nötig ist. Folgendes wird mir erklärt: Die „company“ vertreibt Edelsteine aller Art. Sie sind seit 20 Jahren erfolgreich im Geschäft. Sie exportieren in die ganze Welt, vor allem nach Europa. Ein kleines Problem haben sie aber dabei und es schränkt sie ein, ihr Geschäft weiter auszubauen: Es darf angeblich nur eine gewisse Menge an Edelsteinen zollfrei exportiert werden. Danach fallen so hohe Zollgebühren an, dass sich das Geschäft kaum mehr lohnen würde. Sie möchten diese Gebühren also irgendwie umgehen. Klingt plausibel. An dieser Stelle kommen die Touristen ins Spiel. Jeder Tourist, fährt der Boss fort, darf eine gewisse Menge an Edelsteinen für den privaten Gebrauch, etwa als Geschenk, ausführen.
Ich verstehe das Konzept im Großen und Ganzen bereits hier, lasse den Boss aber ausreden:
Hilft man der company als Tourist, den Zoll zu umgehen, bekommt man eine sehr gute Provision von mehreren tausend Euro. Kurz und bündig: Man muss also nichts weiter tun, als ein Paket mit Steinen in sein Heimatland zu schicken und hinterher zu fliegen. Dort wird dann das Paket zusammen mit einem Mitarbeiter der company, der einen dort empfängt, ausgelöst, ihm werden die Steine gegeben und die Provision wird abkassiert.
Das klingt super unkompliziert und lohnenswert. Ich frage mich aber, wo die bezahlten Hotels und das gute Essen abgeblieben sind. In diesem Moment stellt „Vicky“, die vierte anwesende Person, mehrere Schalen mit lecker duftendem Chickencurry, Reis und verschieden farbigen Soßen zu uns auf den Boden. Wir Essen zu viert, um eine Decke mit dem Essen kniend. Sie bringen mir bei, Indisch zu essen, nachdem sie mich eine Weile erfolglos nach Besteck ausschau halten sehen: Man reißt sich ein Stück Chapati (Fladenbrot) ab, greift damit den Reis und tunkt in die Soßen. Zunächst gewöhnungsbedürftig.
Der Boss hat bemerkt, wie berauscht ich bin und sie bieten mir ein Zimmer ihrer Wohnung an, wo ich mich erstmal ausruhen und alles nochmal überschlafen soll. Ja, das habe ich nötig, denn den Ortswechsel von der Goa-Party am Strand in dieses Haus zu den gastfreundlichen Geschäftsmännern habe ich noch nicht ganz nachvollzogen. Ich lasse mich ins Schlafzimmer führen, wundere mich noch kurz, wie schnell man in eine neue Sache verwickelt sein kann, stelle dann aber bald die Gedanken ab und falle in einen tiefen Schlaf.

500 Jahre Till Eulenspiegel

Ich habe es zufällig erfahren: Till Eulenspiegels Geschichte gibt es seit ungefähr 1511. Also seit 500 Jahren. Ich bin begeistert von dieser literarischen Figur, von der man sich ja nicht sicher ist, ob sie nicht tatsächlich existiert hat.
Till Eulenspiegel, der stets eine Narrenkappe trägt, hält seinen Mitmenschen, vielleicht gewissermaßen unter dem Schutz seiner Kappe, den Spiegel vor. Er spielt ihnen Streiche, vor allem, indem er geläufige, bildlich zu verstehende Sprichwörter nur allzu wörtlich nimmt.
Ich bin allgemein sehr angetan von der Persönlichkeit des Narren und so möchte ich hier kurz dem Till alles Gute zum Geburtstag wünschen. Oder besser gesagt dem Buch über ihn. Denn Eulenspiegel selbst soll laut dem bis heute unbekannten Autor bereits im Jahre 1300 geboren worden sein.
Alles Gute, Till, wie alt auch immer du nun bist!

Ein naiver Möchtegernhippie im fernen Indien – Reisebericht , Teil 1


Die Weltprobleme rauschen an mir vorbei. Denn ich habe nur eine einzige Sorge dabei: Hoffentlich wird mein Flug, der über Doha geht nicht gestrichen. Nichts Anderes will ich, als jetzt endlich meine Reise antreten. Mit den Weltproblemen wird es sich in Zukunft ja doch nicht einränken. Ich jedenfalls möchte noch etwas von der Welt sehen, bevor irgendeine Hyper-Wirtschaftskrise sowas tolles wie Billigflüge gar unmöglich macht.
Die Tage vor dem Flug: Ich bin dauernervös. Ist das etwa zu groß für mich? Alleine nach Indien? Ach, stell dich nicht so an. Es wird vielleicht das Abenteuer deines Lebens! Oder dein Körper liegt bald, ausgeschlachtet und aller Organe beraubt in einer Seitengasse von Mumbai?
Ich bin ja eigentlich eher Menschenscheu. Warum zum Teufel suche ich mir also für die Reise in die Ferne wie ferngesteuert ausgerechnet Indien aus? Ein überbevölkertes Land? Was soll das? Bin ich etwa total bescheuert? Oder wurde dieses Land für mich ausgewählt, auf einer Metaebene, zu Heilungszwecken, als Aufgabe oder so? Na,der Flug war jedenfalls gebucht, es gab kein Zurück mehr!
Ich fahre extra früh mit dem ICE einen Tag vorher los. Denn genau am Datum meiner Abreise wird auf exakt der Strecke, die ich zum Flughafen nehmen muss, gestreikt. Wie jetzt, wollen mich irgendwelche kosmischen Kräfte aufhalten? Oder gar warnen? Flieg nicht, flieg bloß nicht!
Ich übernachte am Flughafen. Ein Satz, der dabei hängenblieb, von einer freundlichen, überirdisch hallenden Frauenstimme gesprochen: „Bitte lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt.“ Ja, mach ich nicht. Verdammt nochmal!
Dann endlich, nach Stundenlangem warten, sitze ich im Flugzeug. Es geht gut los: Wir fahren bereits Richtung Startbahn, das Flugzeug beschleunigt, ich denke: Ja, ab in die Lüfte, doch dann bekommt der Mann in der Sitzreihe genau vor mir einen Anfall. Herzinfarkt? Sofort ist die Bordbegleitung da, ein Mann im weißen Hemd ist zufällig Arzt. Die Maschine bremst, Sanitäter werden gerufen. Der Mann ist allerdings schnell wieder wohlauf, er hätte nur kurz keine Luft bekommen, sagt seine Frau. Es sei alles in Ordnung! Doch der Pilot darf nicht fliegen. Aus Sicherheitsgründen muss der Mann ins nächste Krankenhaus gefahren werden und dort muss ein Arzt im Dienst bestätigen, dass er gesund ist. Das dauert eine Stunde oder länger.
Dann kommt endlich erlösend der Krankenwagen angefahren, der Mann nimmt Platz, ich atme auf. Erneuter Anlauf. Und wir heben tatsächlich ab!
Ich bin erstaunt über das komfortable Flugzeug der Airline. Wir bekommen ständig was zu Essen und zu Trinken. Toll. Eine Asiatin neben mir schaut einen Film nach dem anderen. Ich bin so aufgeregt, dass ich mich gar nicht auf so was konzentrieren könnte.
Zwischenlandung in Doha. Ich steige aus und genieße es, wie die warme Wüstenluft mich umweht. Das hat mir gefehlt im winterkalten Deutschland! Genau das! Das Publikum wird anders: Alle tragen Turbane oder sind verschleiert. Ich wäre ja gerne in die nächtliche Wüste gerannt, wir Passagiere werden allerdings durch verschiedene Sicherheits- und Was-weiß-ich-Schleusen ins nächste Flugzeug geleitet.
Jetzt sitzt bereits ein Inder neben mir. Der Flug ist unspektakülär, ich spüre die Müdigkeit von der inzwischen zweiten schlaflosen Nacht. Wenn ich ankomme wird es 5 Uhr Morgens sein. Ich schaffe die Rechnung nicht, wie spät es dann in Deutschland ist. Naja, erstmal unwichtig.
Und schließlich kommt eine Durchsage des Kapitäns, die wohl soviel bedeuten muss wie: Wir landen gleich in Bombay. Äh Mumbai. Wahnsinn! Diese Stadt muss so groß wie ganz Deutschland sein! Dann endlich setzt der Pilot zum landen an. Der Inder freut sich: „Finally, my country!“
Ich durchlaufe einige undurchschaubare bürokratische Prozesse, dann bin ich auf einmal da, wo Exit steht. Unglaublich. Ich wechsle 100 Euro in Rupees und denke mir: Das muss jetzt erstmal reichen für mindestens 2 Wochen. Ha! Du naiver Narr!
Draussen schwüle Luft und dieser einzigartige Mumbai-Geruch. Erst gefällt er mir irgendwie, doch dann fällt mir auf, dass es ja auch stark nach Abgasen riecht. Aber eben auch tropisch. Und das gefällt mir.
Nur noch Inder zu sehen. Und alle sind sie Taxifahrer! Und wenn ich in diesem Moment gewusst hätte, dass ich gleich auf einen wesentlichen Charakterzug eben jener treffe, so wäre ich womöglich gleich wieder zurückgeflogen. Das wahre Gesicht Indiens? Das Lügengesicht Indiens! Ich zahle etwa 3 bis 4 mal soviel wie normal dafür, dass ich nur endlich schlafen kann! Absolut nicht in der Lage zu diskutieren. Ich weiß dass ich betrogen werde, doch ich kann nichts tun. Denn alle, die sie dort stehen, am Flughafentaxistand, arbeiten irgendwie zusammen. Wem vertrauen? Am Ende führen sie mich doch wieder zu dem einen, der schon schelmisch grinst und meint, ich fände hier nichts günstigeres. Die Situation hat etwas von einem fiesen LSD-Trip.
Wilde Taxifahrt. Chaotischer Verkehr. Im Hotel lasse ich mir noch 2 Bier bringen und gehe kurz auf die Straße, der Hotelmann sagt ich solle lieber drin bleiben. Dangerous at night! So erhasche ich nur ganz kurz einen Eindruck von diesem fremden Land. Doch ich kann einfach nicht mehr. Ich falle bald in einen tiefen Schlaf.
Zuerst hatte ich ihnen nicht vertraut, doch die Hotel-Clique hat mir tatsächlich einen Bus nach Goa organisiert. Das Sollte im Preis inbegriffen sein. Und die Taxifahrt zum Busstand. Auf dem Busticket steht allerdings der wahre Preis.
Über 50 Euro sind jetzt schon ausgegeben. Ach egal, ich werde in Zukunft einfach wachsamer sein (denkste!). Auf dem Weg zum Busstand sehe ich genau so viele Kühe wie Fahrradfahrer. Und es scheint nur eine einzige Verkehrsregel zu geben: Wer am lautesten hupt, kommt als erster durch! Allgemein geht es hier etwas wilder und chaotischer zu. Und so viele Menschen! Der Mix aus Düften beschäftigt meine Nase. Ich staune wie ein blöder Tourist aus dem Taxi raus und einige Inder schauen mich an, als käme ich aus einer anderen Welt. Da dämmert es mir plötzlich: Ich komme tatsächlich aus einer anderen Welt!
Im Bus lehne ich mich zurück und versuche die Fahrt nach Goa zu genießen. 12 Stunden oder so. Doch mit Genuß ist nicht viel in einem Indischen Linienbus! Die Inder finden es lustig oder eben voll normal, wenn es so gewaltig rumpelt, dass man aus dem Sitz in die höhe schiesst und fast an die Decke kracht.
Ich komme, wieder unausgeschlafen, in Goa an. Kaum aus dem Bus ausgestiegen, sitze ich in einer Rickshaw nach Anjuna Beach. Diesen Strandnamen habe ich noch irgendwie im Kopf und er erscheint mir ganz spontan als ein vernünftiges vorläufiges Ziel. 150 Rupees für die fahrt halte ich ebenfalls für angemessen. Eine gewisse Erleichterung macht sich breit.
Dann erscheint er vor mir: Der Strand.

Das war nur der unspektakuläre Anfang. Lest in Kürze auch, wie ich zum Beispiel in Goa in die Fänge einer fiesen Edelsteinfälscherbande gerate, worauf man in Indien beim Haschischkauf achten sollte, wo man noch ehrliche Inder trifft, wie ich mich unter Anderem in Varanasi auf einen Tanz mit Heroin einlasse und wo und wann es eindeutig viel zu heiss ist!