Freitag, 14. Dezember 2012

Ich höre was, was du nicht sagst!

Hattest du schonmal das Gefühl, dass andere Menschen über ein großes Geheimnis bescheid wissen und du derjenige bist, der "es" noch nicht kapiert hat? Dass die anderen gewissermaßen darauf warten, dass es auch bei dir endlich klick macht und du das Geheimnis - das große Geheimnis des Universums(?) - auch endlich schnallst? Dass die anderen dir entweder nicht sagen wollen oder nicht sagen dürfen, was sie wissen?

Dies ist ein Phänomen, welches ich hauptsächlich von Psychedelika her kenne, aber auch "nüchtern" tritt es bei mir auf und ich weiß, dass viele Menschen derartiges erleben. Ich habe mir zu dieser rätselhaften Angelegenheit einige Gedanken gemacht. Wenn du ein...äh...sagen wir mal "Betroffener" bist, wie ich oder aber einfach nur auf deinem letzten LSD Trip vergleichbares erlebt hast, dann bist du herzlich eingeladen, diesen Beitrag zu lesen und zu kommentieren. Alle anderen natürlich auch, doch weiß ich, wie schwer nachvollziehbar es ist, wenn man es nicht selbst erlebt hat.

Gut, fangen wir an. 

Was sind eigentlich Gespräche mit anderen Menschen? Reden wir einfach so miteinander oder hat es eine tiefere Bedeutung? Sagen wir mehr, als wir eigentlich sagen?
Ich dachte in veränderten Bewusstseinszuständen oft, dass die anderen Menschen mir die ganze Zeit Botschaften zusprechen, die ich entschlüsseln muss. Und oft kam es mir vor, als wüssten "sie alle" "bescheid" und ich sei der Trottel, ders noch nicht gerafft hat. Was auch immer. Das Geheimnis eben. Das Geheimnis unseres Lebens vielleicht. Ich gebe ein Beispiel, wie das oft abläuft: 
Erst kürzlich saß ich in angenehmer Runde, es kursierte die Frage, ob wir noch zusammen weg gehen sollen oder nicht. Ich war unentschlossen und die anderen auch. So saßen wir also noch eine Weile zusammen und redeten oder blödelten rum. Dann hob einer in der Runde plötzlich ein Heftchen hoch, eine Origami-Faltanleitung und sagte: "Entfalte dich!" Also, hier haben wir ein typisches Beispiel für das, was ich meine: Aus einer Sichtweise sagte er einfach "entfalte dich", weil es sich eben auf Origami bezieht und er so eine Art...Scherz machte.Wie gesagt blödelten wir halt rum und es fielen viele so Sprüche. Also ich denke, bzw. hoffe, man kann sich als Leser dieses Beitrags vorstellen, welche Art "Spass" er da machte mit seinem Ausruf in die Runde. Dazu müsste man ihn und seine Art halt eigentlich kennen. Nun...Er hatte nicht mich im speziellen damit angesprochen. Aus einer anderen Sichtweise richtete sich das "entfalte dich" aber schon genau an mich und sollte mir helfen, bei der Entscheidung, ob ich noch weg gehe oder eben nicht. Aus dieser Sichtweise sprach also das Universum durch den, der das Origamiheft hochgehalten hatte, zu mir und teilte mir mit: Ja, geh weg, entfalte dich heute Abend!

Nach zahlreichen solcher Erfahrungen, solcher, zwei- oder mehrdeutiger Aussagen bin ich zu einer Vermutung gekommen: Das Universum spricht ständig zu uns, hauptsächlich durch andere Personen. Ein Denkfehler, den ich in diesem Zusammenhang meiner Ansicht nach zu Anfang gemacht habe, ist folgender: Ich war erst der Meinung, die Anderen wüssten bescheid. Sie wüssten, dass sie mir eine spezielle Botschaft übermitteln. Doch nach reichlicher Überlegung, bin ich vorläufig zu der Annahme gekommen, dass sie es unbewusst tun. Sie denken, sie sagten einfach etwas (worum es in einer Diskussion z.B. gerade geht), doch zusätzlich überbringen sie Botschaften. Vielleicht an nur eine Person, vielleicht aber auch an alle anwesenden Personen. Vielleicht hört jeder aus dem Gesagten etwas für ihn passendes heraus.
Und noch komplexer wird die Angelegenheit, wenn ich bedenke, dass dann ja auch ich für andere ein Botschafter bin. Also denke ich mittlerweile, dass es eben nicht so ist, dass ich allein der Trottel bin, der "es" noch nicht "checkt", sondern wir alle überbringen unbewusst Botschaften für die anderen. Meist sind es Metaphern, die die anderen auf ihre Situation zurecht geschnitten empfangen, ohne dass wir das überhaupt merken. Obwohl man sich ein bewusstes Denken diesbezüglich sicher antrainieren könnte...

Ich gebe ein weiteres Beispiel: 

Ich hatte auf einem psychedelischen Trip einen genialen Gedanken. Das kennt man ja, diese genialen Gedanken auf Trips. Doch so schnell er gekommen war, so schnell ging er auch wieder unter in einem bunten Meer aus anderen Gedanken. Verzweifelt versuchte ich mich zu erinnen. Doch ich wurde auch abgelenkt von dem Gerede der anderen anwesenden Personen. Dann wieder das besagte Phänomen: Zuerst dachte ich, dass die anderen jetzt extra ganz viel reden, damit ich den genialen Gedanken (der vllt das Geheimnis des Universums entschlüsselt) vergesse. Die anderen würden von einer Geistigen Kraft gelenkt, jetzt extra viel zu reden, weil man den Gedanken, den ich hatte, in der Materiellen Welt nicht wissen darf oder so. Doch es wurde noch aberwitziger: Die anderen im Raum unterhielten sich über eine Wegbeschreibung. Sie sagten Sachen wie: "Ja, da lang über die Brücke oder doch lieber unten rum, vielleicht die Straße rein oder sollen wir dann lieber da lang gehn?" Sie lachten auch und mir, der ich da lag und vergeblich nach meinem verlorenen Gedanken suchte, kam es vor, als würden sie in Metaphern kommentieren, wie ich meinen Gedanken nicht mehr finde, bzw. als wäre die Wegbeschreibung über die sie scherzend sprachen, diejenige zu meinem verlorenen Gedanken.

Nunja, verzwickte Angelegenheit.

Irren sich Psychotiker, wenn sie glauben, alle anderen wüssten etwas über sie? Missinterpretieren sie das Phänomen der konstanten Botschaftsübertragung? Erkennen manche Menchen nicht, dass wir alle solche Botschafter sind? 

Ich denke das findet die ganze Zeit statt und den meisten ist nicht bewusst, was sie wirklich sagen oder hören.

Vielleicht hast du, lieber Leser ja auch manchmal das Gefühl, jemand würde mit dem, was er zu dir sagt "mehr" sagen als er sinngemäß, also mit den Worten sagt. Und vielleicht gehörst du zu denjenigen, die das dann sofort als Unsinn abtun und nicht weiter drüber nachdenken.

Doch ich denke es ist so:
Der kosmische Geist spricht durch die anderen und für sie ist es genau so unbewusst wie es für uns ist, das er durch uns spricht. Die ganze Zeit wird unser leben kommentiert,werden vielleicht Hinweise gegeben?

Sollten wir demnach unsere Aufgabe als Lehrer und Schüler gleichzeitig verstehen?

Der große Geist unterrichtet sich quasi kontinuierlich selbst (im Übrigen oft scherzend).

Indienreise, Teil 12 - Kiffen und Frieren in Manali

Am nächsten Morgen, nach einem hervorragenden Schlaf, verspüre ich nicht den geringsten Drang, weiter nach dem Rainbow-Gathering zu suchen. Mir ist nach Einzelgang zumute, nach abenteuerlichem Erkunden dieses riesigen und schönen Landes. Das Schicksal möchte sehen, ob ich mir mit dieser Entscheidung sicher bin und so laufen einige Hippies mit Didgeridoos und anderen Instrumenten an meinem Bus vorbei, in dem ich bereits sitze und auf die Rückfahrt nach Rishikesh warte. Ganz sicher sind sie Teil des Gatherings. Ich hätte aussteigen und mit ihnen gehen können, kurz überlege ich, es zu tun, doch der Drang, alleine weiter zu ziehen ist stärker. So lasse ich meine letzte Chance, das Rainbow doch noch zu finden, davon laufen, bald ist sie außer Sichtweite. Der Bus fährt mit Stunden Verspätung los und die Fahrt gleicht, im Gegensatz zu der Hinfahrt, mehr einer Tortur.
Ich schlafe schließlich eine letzte nacht in Rishikesh, berausche mich zum Ausgleich für die strapaziöse Busfahrt mit Tramadol und suche im Lonely Planet nach interessanten neuen Reisezielen. Doch eigentlich steht mein nächstes Ziel schon seit einer ganzen Weile fest.

Wie bereits angedeutet, ist es gar nicht so leicht, unvorbereiteter nach Indien aufzubrechen, als ich es getan habe. Manali ist eine kleine Stadt im Himalaya. Sie befindet sich in einer Höhe, in der es durchaus schon sehr kalt ist. Als ich den Ort auf der kleinen Indienkarte im Lonely Planet ausfindig mache, schätze ich die Lage so ein, dass er sich noch weit weg von Schnee und Kälte, am Fusse der Himalaya-Ausläufer befindet. Welch Fehlannahme! Ausgerüstet bin ich mit seidendünner Sommerkleidung, einen leichten Pulli habe ich im Gepäck. Ich stelle mir ein kleines Dorf in einer angenehm warmen Gegend vor, mit Bergen im Hintergrund und jeder Menge Charas! Gut, da liege ich nicht ganz falsch, doch mit den Temperaturen habe ich mich verrechnet! Je weiter der unbequeme Bus hinauf in die Berge rumpelt, desto mehr dämmert mir, dass ich in einer Winterlandschaft ankommen werde! Ich erblicke Schnee. Etwas peinlich ist es mir, dass ich nicht auf die Idee gekommen bin, dass es in Manali kalt sein könnte. Doch zum Glück sieht niemand meine Gedanken. Ich ziehe mir zwei Hosen an und mehrere T-Shirts und den Pulli. Dabei humpelt es so heftig, dass ich einen Meter aus dem Sitz geschleudert werde und hart wieder auf meinem Arsch lande. Die Inder neben mir lachen und freuen sich.


Dann stehe ich in Manali und friere mir den Arsch ab. Jemand kommt und möchte mir Haschisch verkaufen. Ja, Haschisch, gutes, ungestrecktes Charas, ich gebe zu, das ist einer der Hauptgründe, warum es mich hierher verschlagen hat. Doch als erstes brauche ich ein beheiztes Hotelzimmer! Und zwar schnell. Angeblich hat es 10 Grad, doch mir kommt es eher vor, als wären es Minusgrade. Vor zwei Wochen lag noch so hoch Schnee, dass man die Straßen nicht passieren konnte, erzählt ein Einheimischer.
Schnell finde ich ein Hotel und wärme mich erstmal auf. zum Glück kommt am Mittag des Tages die Sonne raus, was ich zum Anlass nehme, endlich auf Haschisch-Suche zu gehn. Ich werde nach einiger Zeit, in der ich Manali besichtige, angesprochen. In einem Souvenirladen erwerbe ich unter der Ladentheke ein Stück Hasch. Doch auch dieses ist gestreckt und nicht das, was ich suche. Eigentlich bin ich ja gar nicht so der Kiffer, doch dieses Indische Charas, von dem so viel erzählt wird, möchte ich einfach mal probiert haben.
Ich verbringe einige Tage fast ausschließlich im Hotel, denn es regnet ununterbrochen und die Kälte macht mir zu schaffen, nachdem ich zuvor wochenlang 30 - 40° C hatte.
Schließlich ziehe ich um, nach "Old-Manali", 2 Kilometer entfernt. Hier stehen eher einfache Lehmhütten; statt Hotels bieten Familien Zimmer in ihren Hütten an. Ich komme bei einer dieser Familien unter und habe nun einen kleinen Raum, lediglich mit Matratze und einem kleinen Holzofen ausgestattet. Trotz oder gerade wegen dieser Einfachheit, fühle ich mich hier wohler, als in dem Hotel in Manali. Der Vater der Familie ist ein sehr engagierter Haschisch-Händler. Ein deutscher Staatsanwalt würde sagen: Er betreibt einen schwunghaften Handel mit Betäubungsmitteln. Zwischen 3 Qualitäten kann ich hier auswählen, ich teste mich durch alle durch und bin Tagelang lethargisch und weniger unternehmungslustig. Ist es das denn Wert? Ich rätsele, wie die anderen Traveler, die durchgehend kiffen, überhaupt noch etwas gebacken bekommen. Bei mir war es schon immer so: Kiffe ich viel, tue ich nichts. Dafür bin ich aber nicht nach Indien geflogen! Ich weiß jetzt, wie reinstes Himalaya-Haschisch schmeckt und wirkt, ja, schöne Sache, doch wenn ich schonmal hier bin, auf dem Dach der Welt, so will ich es doch auch mal nüchtern erkunden. Ich stoppe also den Konsum und will von Haschisch zunächst nichts mehr wissen. Was gar nicht so leicht ist, da der Familienvater, der mir das Zimmer vermietet, jeden Morgen anklopft und angeblich noch bessere Ware als am Vortag anzubieten hat. Er setzt sich dann ins Zimmer, packt sein Chillum aus und ist sichtbar beleidigt, wenn ich ablehne, wenn er es mir hin hält. Doch ich kann nicht mehr! Lass mich bloß in Ruhe! Bitte kein Hasch mehr! Es ist, als spreche das Schicksal höhnisch durch den Familienvater zu mir: "Du bist hergekommen wegen Haschisch, verschmähst die schöne Landschaft und liegst nur rum, also friss gefälligst dein Hasch. Friss es, du Kulturbanause!" (Obwohl Haschischrauchen einen Großteil der Kultur ausmacht, oben im Himalaya - das muss man mir lassen).



Ich wandere später noch ein wenig in der Gegend herum - ja, es ist schön, doch Berge kenne ich aus der Schweiz und irgendwie ist es nicht so ganz das, was ich möchte. Ich sehne mich nach Wärme und Wasser und einfach nach Neuem. Nach etwas ganz Neuem. Der Manali-Ausflug war einer der Tiefpunkte der Reise. Schnell beschließe ich, aufzubrechen und zurück ins Warme zu fahren.


Dienstag, 22. Mai 2012

Indienreise Teil 11: Die Suche nach dem Regenbogen

Ich verbringe eine weitere Nacht auf dem Dach des Bombay Guesthouse. Hier halten sich nette Menschen auf. Zwei Musiker erscheinen des Abends, setzen sich in eine Ecke auf dem Dach, packen ihre Instrumente aus und geben ein Zeugnis ihres Könnens. Ich vermute, dass sie durch ihre Melodie, eine Mixtur aus Gitarren- und Streichinstrumentklängen, alle anwesenden Personen im Bombay Guesthouse um sich versammeln. Auch ich höre begeistert zu. Am Ende gibt es Applaus.

Dann kommt der Tag, an dem ich mich aufmache, das Rainbow-Gathering zu suchen. Zu diesem Zeitpunkt weiß ich nicht, dass am Abend alles anders sein wird, als gedacht.
Das Gathering soll in der Nähe von Rishikesh stattfinden. Ich frage ein paar Leute, die so aussehen, als könnten sie genauer wissen, wo. Bisher habe ich nur eine Info aus Hampi von einem Mädchen und ich habe im Internet gelesen, dass es definitiv stattfindet. In Rishikesh aber sagt mir zumindest der etwas unsympathische "Zimmerverteiler" des Bombay Guesthouse, dass die Polizei die Hippies verjagt habe, welche ihr Rainbow erst ganz in der Nähe abhalten wollten. Dann treffe ich zufällig jemanden, der direkt vom Gathering kommt. Er schreibt mir etwas auf einen Zettel: Ein Ortsname, wo ich aus einem Bus aussteigen soll, irgendwo in den Bergen und die Info, nach dem Aussteigen noch etwa 10 Kilometer zu laufen, bis zu einer Steinbrücke rechts.

Mit diesem Zettel bewaffnet, fahre ich zur Busstation. Die Information ist spärlich, doch ich bin entschlossen, das Rainbow Gathering aufzusuchen!
Es ist leicht, den richtigen Bus zu finden und irgendwann fährt er auch los. Die Fahrt in die Berge kann ich genießen, denn die Landschaft und der Ausblick werden mit jeder kurve, die sich weiter die Berge hinaufschlängelt, noch spektakulärer! Schön, wenn sie ihr Rainbow hier abhalten, denke ich mir.



Dann kommt nach etwa einer Stunde Fahrt die Haltestelle auf dem Zettel. Der Busfahrer hält nur für mich an, hier steigt sonst niemand aus. Er ruft mich winkend nach vorne, ich drängle mich mit meinem Rucksack stolpernd durch den schmalen Gang des voll besetzten Busses und schaffe es zur Tür hinaus. Der Bus fährt weiter und ich stehe mitten in den Bergen, an einer Straße, an der vielleicht 5 Häuser angrenzen.
Hier gibt es sonst nichts. Außer natürlich die sagenhafte Landschaft. Ich laufe los. Nach einer gewissen Strecke, die mich durch weitere kleinere Häuseransammlungen führt, schätze ich, dass ich bereits über 5 Kilometer zurückgelegt haben muss. Von einer Steinbrücke rechts nichts zu sehen. Ich treffe zwei Jungs und frage sie nach der Brücke. Doch hier in der Einsamkeit der Berge spricht man kein Englisch. Egal, wie einfach ich es formuliere, die Jungs zucken nur mit den Schultern, sie verstehen mich nicht. Also folgt eine Verständigung mit Händen und Füßen, bzw. mit Stock und Lauten. Ich zeichne eine geschlängelte Linie in den sandigen Boden am Straßenrand und sage: "Ganga". Jetzt schütteln, bzw. schwenken sie heftig den Kopf (in Indien bedeutet ein kurzes Kopfschütteln/-schwenken in vielen Regionen soviel wie bei uns das Nicken mit dem Kopf) und sagen "Ah, Ganga!" oder so was. Dann lege ich den Stock über die geschlängelte Linie und sage: "Bridge". Ich habe wenigstens das Gefühl, dass sie auch das verstehen, denn sie zeigen in meine Laufrichtung mit den Armen. Ich frage: "Five kilometers?" Sie schütteln wieder heftig den Kopf. Vielleicht wollen sie mich aber auch einfach nur loswerden. Also laufe ich weiter in die Berge hinein. Ich bemerke, dass es nicht mehr allzu lange dauert, bis es Stockfinster ist. Ich bin zwar relativ sorglos und genieße anfangs die Wanderung, kann mir aber auch vorstellen, dass, wenn man irgendwo in Indien verschollen geht, dann doch vielleicht in so einsamen Bergen wie diesen.



Bald sehe ich rechts einen gepflasterten Weg, der in ein Tal hinunter richtung Ganges führt. Das ist doch aber keine Brücke?! Vielleicht hat dort das Rainbow stattgefunden, ich werde es womöglich niemals herausfinden. Ich entscheide mich nämlich, weiter zu gehen, denn ich vernehme nach langer Beobachtung weder Stimmen, noch irgendwelche anderen Geräusche aus dem Tal.
Langsam wird es dann tatsächlich dunkel und meine Motivation beginnt, zu schwinden. Es wird auch anstrengend mit dem Rucksack eine endlose Straße entlang zu laufen. Dann treffe ich einen Mann, der mir bestätigt, dass weiter die Straße entlang noch eine Brücke komme. Doch sehr weit weg meint er, "twenty kilometers". Ich weiß nicht mehr so recht, ob ich hier auch nur ansatzweise richtig bin. Ich laufe weiter. Und das tue ich so lange, bis allmählich der wunderschöne, klare Sternenhimmel aufkommt, ich aber die Hoffnung bereits aufgegeben habe, an diesem Tag noch das Rainbow-Gathering zu finden. Die Wanderung strengt so an, dass ich nur noch bald schlafen möchte. Nur wo? In den paar Häusern, die ab und zu auftauchen, fühle ich mich nicht eingeladen. Die Menschen können kein Englisch und betrachten mich wie einen Außerirdischen.
Dann beschließe ich, zu trampen, denn es kommen ab und zu Autos vorbei. Doch mit zunehmender Dunkelheit, immer seltener. Also ist es Zeit zu handeln. Eines der ersten Autos nimmt mich mit. Zwei Männer, die nett sind. Ich sage einfach, ich müsse in die nächste Stadt mit Hotel und dorthin nehmen sie mich auch mit.
Angekommen, laufe ich umher. Eine schöne Stadt, ähnlich wie Rishikesh, nur viel ruhiger und fast völlig ohne Touristen! Abseits der "Lonely-Planet-Routen" lernt man das wahre Indien kennen...
Hier treffe ich ein paar Chillum rauchende heilige, die mich einladen wollen, mit ihnen unter einer Brücke zu schlafen. Kurz überlege ich es mir, denn so würde sich die Suche nach einem Hotel erübrigen. Dann lehne ich ab, denn ein wenig Sorgen habe ich dabei schon. 
Bald stelle ich erfreut fest, dass jenseits der Touristenorte auch die Preise fürs Schlafen bei nur ungefähr der Hälfte liegen (logisch), was in Indien also so gut wie Nichts ist. 70 Rupees zahle ich für eine Übernachtung in einem großen Zimmer mit gemütlichem Bett. Ohne Moskitos! Das ist etwa ein Euro. 
Ich denke mir, dass auch dies eine interessante Erfahrung war, wenngleich ich das Rainbow-Gathering nicht gefunden habe. Zufriedenheit durchflutet meinen Körper an diesem Abend und ich falle in einen tiefen, guten Schlaf.

Montag, 21. Mai 2012

Traumliebe

Heute Nacht in meinem letzten Traum habe ich mich ein wenig verliebt. 
Ich bekomme es jetzt, wo ich bereits in den Wachzustand übergegangen bin, nicht mehr richtig zusammen. Es war mein erster bewusster Traum seit einer gefühlten Ewigkeit.
Ich hatte jedenfalls auf einer "Veranstaltung" oder in einem mysteriösen, mit Worten unbeschreibbaren Gebäude oder Areal etwas mit einem Mädchen zu tun. Ich stand im Traum dann plötzlich unter dem Einfluss psychedelischer Pilze, habe dabei wohl mit einer Flasche oder Glasscherben rumgespielt und gar nicht gemerkt, wie ich mir damit meine Hand verletzte. Das Mädchen, welches mir völlig unbekannt war und im Traum immer wieder zu mir stieß (ich kann mich nicht an die ganze "Geschichte" erinnern, manchmal kam ich mir vor wie auf einer art Party oder Fest), machte mich darauf aufmerksam. Ich betrachtete meine Hand und es fehlten zwei oder mehr Finger und sie war sehr dick angeschwollen und blau angelaufen und ich glaube auch blutig. Mich wunderte es kurz, ich kümmerte mich aber wenig darum und es rückte schnell wieder in den Hintergrund.
Jedenfalls, kurz vor dem Aufwachen passierte das für mich angenehmste in diesem Traum. Ich lief mit dem Mädchen eine Straße entlang (ich glaube an parkenden Autos vorbei) und wir unterhielten uns. Dabei fiel mir schnell auf, wie gut ich mich mit ihr unterhalten konnte. Ich bemerkte, dass auch ihr das Sprechen mit mir gefiel. Was wir sagten, harmonierte jeweils mit dem, was der andere sagte. Am Ende sprach ich einen Satz, den ich leider vergessen habe, woraufhin sie meinte: "Wir unterhalten uns ja so, als wären wir zusammen." Das sagte sie entschloßen und es ging für mich aus ihrer Aussage nicht eindeutig hervor, ob ihr dieses Zusammensein gefallen würde oder nicht. In mir selbst löste es ein angenehmes Gefühl aus, ein besonderes, zu mir passendes Wesen getroffen zu haben.

Dann wachte ich auf.

Ich vermisse sie ein wenig. Wie geht man um, mit Traumverliebtheit? Ist es womöglich ein Zeichen, dass ich bald auch in der Materie jemanden treffen werde? Ich kann mich an frühere Träume mit ähnlichen Gefühlen für nicht-materielle Mädchen erinnern. Diese Gefühle waren intensiv und begleiteten mich, wie heute, stets mit in die Wachwelt. Handelt es sich hierbei gar um Wesenheiten, mit denen ich tatsächlich in früheren Leben oder in nicht-materiellen Welten Beziehungen führte (oder führe)?

Schutzzauber


Es ist eine schöne Sache, die Wirkung von Opioiden am eigenen Leib zu erfahren. Es ist eine weniger schöne bis gräßliche Sache, nach langer Opioideinwirkung auf das eigene System, letzteres wieder aus der Wattewolkenwelt zu erwecken.

Ich möchte die Angelegenheit hier mit einem Video- oder Computerspiel vergleichen:

Stellen wir uns einen Helden in einem solchen Spiel vor. Irgendwo auf dem Bildschirm befindet sich sein Energiebalken, der bei Verletzung, bzw. Erschöpfung abnimmt. Nun stellen wir uns weiterhin am besten vor, es handele sich um ein Fantasyspiel und der Held hat einen Schutzzauber, den er anwenden kann. Wird der Zauber angewendet, befindet sich der Held unmittelbar in einem Zustand der Euphorie, Stärke, Tapferkeit und Furchtlosigkeit. Für einen begrenzten Zeitraum. In diesem Zeitraum kann er unter Umständen mehr erreichen als gewöhnlich, wenn er seine Fähigkeiten weise auszunutzen weiß. Oder aber er genießt es ganz einfach, dass das Durchschreiten der Spielwelten unter Einfluss des Schutzzaubers so sorgenlos und leichtfüßig vonstatten geht.
Der Schutzzauber hält aber wie gesagt nicht ewig an und er hat noch einen Nachteil: Jedes Mal, wenn man ihn anwendet, saugt er Energie ab vom Energiebalken. Bei der ersten Anwendung nicht alle vorhandene Energie, aber doch einen beträchtlichen Teil. Diese Energie braucht eine gewisse Zeit, um sich wieder aufzuladen. Das wurde von den Machern des Spiels so gewollt, damit kein Held immer nur mit diesen Supereigenschaften die Spielwelt durchquert, sondern auch selbständig seine Fähigkeiten ausbaut. Alles soll im Gleichgewicht bleiben. Es ist ein Zauber, der weise angewendet werden soll und in den richtigen Momenten, am richtigen Ort auch seinen Zweck erfüllen kann.
Benutzt ein Held also oft oder ständig seinen Schutzzauber, dann dauert es nicht lange, und der Energiebalken ist leer. Dann kann man zwar versuchen, den Zauber auszulösen, doch es wird weniger bis keinen Effekt haben, da keine Energie vorhanden ist, die die Grundlage des Zaubers ist. Aus ihr geht er hervor. Nur mit vollständig aufgeladenem Energiebalken entfaltet sich der Schutzzauber in voller Stärke. Die Energie lädt sich so langsam auf, dass bei einer Anwendung des Zaubers im niederen Energiebereich sofort wieder alle Energie verschwunden ist und auch lange nicht alle Effekte des Schutzes sich voll entfalten können.
Ungeduldige Heros oder diejenigen, die am liebsten nur noch mit den tollen neuen Eigenschaften herumlaufen würden, was ja durchaus verständlich ist, werden also zwangsläufig zu Energielosen Nichtskönnern. Sie müssen nach häufiger Anwendung des Zaubers sehr viel länger warten, bis sich der Energiebalken wieder aufgeladen hat, als diejenigen, die den Zauber nur ab und zu, wohl überlegt anwenden oder diejenigen, die ihn gar nicht anwenden. Sie sind in dieser Zeit nicht im Besitz ihrer gewöhnlichen Fähigkeiten und völlig geschwächt. Während der Energiebalken sich Stück für Stück wieder auflädt, kommen sie in der Spielwelt aufgrund ihrer eingeschränkten Möglichkeiten kaum oder gar nicht mehr voran.
Natürlich kann der Energiebalken auf viele erdenkliche Arten abnehmen, doch hier beschränke ich mich auf den Schutzzauber ;)

Soderle...jetzt wollte ich die Übertragung auf die Computerspielewelt eigentlich nur kurz halten, aber ich merke, mit ihr ist schon alles gesagt. Geschrieben.

Wie kann man es (zum Beispiel) mit dem Schutzzauber und anderen Energiespielchen halten, die einem temporär Vorteile verschaffen?

So oft wie möglich - so selten wie nötig?!

Oder man macht sich gänzlich unabhängig und verzichtet dafür auf das kurzzeitige Wohl
und bleibt im Energiegleichgewicht.

Sonntag, 6. Mai 2012

Die unerträgliche Normalität

Ey, haste das auch? In Momenten, wo alles so unerträglich normal ist - man sitzt grad mit seinen Eltern im Restaurant beim Essen, mit der Freundin auf ner Parkbank und knutscht, unterhält sich mit der Beamtin im Bürgeramt - da überkommt mich das eine oder andere Mal die Vision, wie ich plötzlich aufspring und mit den Suppentellern um mich werf, wie ich einfach ne Pistole zieh und mich grinsend wegknall, oder einfach aufsteh und laut schrei: STOP! ES REICHT!! Die verdammte Illusion Maya soll endlich erstarren, der Vorhang soll sich lüften und es soll erscheinen die Wahrheit und nichts als die Wahrheit und keine dummen Spielchen mehr. Schluss mit dem Sein, wie lange betreib ich das eigentlich schon? Mir kommt es vor wie Jahrmillionen... ich bin einfach müde.

Sonntag, 29. April 2012

Indien- Reisebericht, Teil 10: Begegnung mit "neuen, alten Bekannten"

Gerade habe ich wieder über Indien nachgedacht, über meine Reise vor einem Jahr, über den verplantesten und leichtsinnigsten Trip, den ich bisher zustande gebracht habe.

Übrigens habe ich jetzt eine eigene Seite eingerichtet, oben, mit dem Titel "Indienreise". Dort steht ab jetzt der Komplette Reisebericht zusammenhängend und wird in Zukunft Stück um Stück ergänzt, wenn ich es schaffe, mich gegen den inneren Schweinehund durchzusetzen und ab und zu weiter zu schreiben, an dem Bericht, den ich letzten Herbst angefangen habe! Ich denke aber, das bekomme ich hin, schließlich erinnere ich mich gerne zurück an die außergewöhnlichen Erlebnisse im Subkontinent und ich kann manchmal nur den Kopf schütteln über meine Naivität, die ich dort an den Tag gelegt habe.

Nun aber zum Thema: 

Ich suche nach meinem Aufenthalt in Hampi noch einmal das schöne Gokarna auf, entspanne mich nüchtern am Strand, treffe dort nette Menschen und habe das Gefühl, so langsam "rein zu kommen", in meinen Trip. Ein sonniges Gefühl stellt sich ein.
Da ich aber nicht die gesamte Reise an südwestindischen Stränden verbringen möchte, sondern noch einige andere potenzielle Ziele im Kopf habe, mache ich mich eines Tages auf richtung Norden. In der Mitte Indiens weiß ich nicht so recht wohin, blättere ein wenig im Lonely Planet und entschließe mich schließlich, die Höhlen bei Ajanta anzusehen. Diese Höhlen wurden von frühen Buddhisten mit Steinen als Werkzeuge in massiven Fels geschlagen. So lautet jedenfalls die offizielle Erklärung. Eine andere Theorie besagt, sie wurden von Außerirdischen geschaffen. Wenn man vor Ort ist, glaubt man eher Letzteres.

















Meine eigentlichen Ziele liegen aber weiter nördlich. Rishikesh möchte ich mir ansehen, nicht nur, weil die Beatles bereits 1968 dem Ort einen Kultstatus verliehen und es ein Muss für Backpacker in Indien ist, sondern auch, weil ich zufällig in Hampi erfahren habe, dass ein Rainbow-Gathering dort in der Nähe stattfinden soll. Ich kenne die Energien, die auf Goapartys fließen, habe aber über die Rainbows gehört, dass es auch dort sehr schön sein soll. Also wollte ich daran teilhaben, an diesem Gathering. 
Ein weiteres Ziel, ganz oben im letzten Zipfel Indiens, ist Manali. Dort soll es das beste Hasch geben.
Also bewege ich mich binnen weniger Tage durch halb Indien mit Zug und Bus. An dieser Stelle möchte ich jedem, der mal in Indien mit dem Zug fahren möchte, ans Herz legen, sich einen Sitzplatz zu reservieren. Ich hatte Glück, dass ich im Zug, auf der Suche nach freier Sitzfläche für eine 12-stündige Fahrt nach Delhi, einen freundlichen Hindu mit seinem Sohn getroffen habe, der mir nicht nur die Hälfte der Liegefläche seines Sohnes, sondern auch noch einen nicht zu verachtenden Anteil des Essens, das ihm seine Frau mitgegeben hatte, regelrecht aufgedrängt hat. Aber freundlich. Es gibt sie also doch, die ehrlich freundlichen Inder, stelle ich dort im Zug erfreut fest. Natürlich, warum auch nicht?
Ein Taxifahrer, der mich eines Morgens, als ich gerade verschlafen aus einem Sleepingbus steige, sogleich in Beschlag nimmt, versucht mir den Bären aufzubinden, dass an diesem Tag keine Busse fahren würden, weil Indien am Vorabend Pakistan im Cricket besiegt hätte. So eine Art spontaner nationaler Feiertag, "today, whole India no bus!" Das mit dem Sieg gegen Pakistan stimmte tatsächlich, als ich aber den Taxifahrer, der mich für viel Geld an mein nächstes Etappenziel fahren wollte, endlich losgeworden bin und am Busbahnhof ankomme, herrscht dort ganz normaler Betrieb. Naja, netter Versuch.

Irgendwann bin ich dann in Rishikesh. Ich bin so fertig, möchte nichts als schlafen, doch was ist das: Beinahe alle Guesthouses sind voll belegt! Hochsaison im etwas kühleren Rishikesh um diese Zeit, im März. Im "Bombay Guesthouse" ist es Tradition, dass Besucher in der Hochsaison mit einer einfachen dünnen Matte ausgestattet für 50 Rupees auf dem Dach schlafen können und dann in ein Zimmer nachrücken, wenn eines frei wird. Ich kaufe mir noch schnell ein Stückchen "Charas", rauche was davon und falle dann in einen sehr tiefen Schlaf auf besagtem Dach. 
Auf dem Weg nach Rishikesh habe ich so viel wild blühenden Hanf gesehen wie noch nie. Die ganze Fahrt über strömte der süßliche Duft in den Bus hinein. Doch auch dieses Charas ist zwar gut, doch lange nicht das, was man eigentlich bekommen kann. Ich spüre aber, dass ich dem wahren Charas auf den Fersen bin! Mittlerweile weiß ich, dass die typischen Straßenhashverkäufer alles mögliche Charas nennen. Ich weiß auch, dass es teilweise Kuhscheisse ist, mit der sie ihre Ware Strecken. Der optische Unterschied ist marginal.

Ich verbringe einen Durchhängertag in Rishikesh, wo es untertags doch recht heiss wird. Beim Frühstückschai treffe ich ein Mädchen, das mir irgendwie bekannt vorkommt. Ich kann sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht einordnen. Ich bin erschöpft und habe einen Mückenstich am Auge, der mich nervt.
Später am Tag laufe ich gerade über die lange Brücke, die glaube ich "Laksman Jhula" heisst, und die beiden Hälften Rishikeshs verbindet, den oberen Teil mit den vielen Guesthouses, der eher für Touristen konzipiert ist und den unteren Teil wo die Bevölkerung hauptsächlich lebt. Der Ganges ist hier kristallklar und glänzt wunderschön im Sonnenschein. Plötzlich kommen zwei Inder mit dem Roller angefahren. Das obligatorische "hello friend, where you from?" Sie lullen mich ein und wir gehen Chai trinken.
Ja, eigentlich müsste ich aus meiner Erfahrung gelernt haben, doch ich falle ein weiteres Mal auf eine "company" rein. Doch diesmal nur Anfangs, dann mache ich mir die Situation zu Nutze.
Die Vertreter dieser Company fangen mich anders ein als Ravi am Strand von Goa (nachzulesen in den ersten Teilen des Berichts): Sie interessierten sich sehr für Deutschland, sagen sie, sie möchten bald dorthin reisen und mit mir ein wenig Deutsch üben. Gut, sie bringen es glaubwürdig rüber, ich ahne zwar schon, dass da was im Busch ist, lasse mich aber darauf ein, in der Hoffnung, ich könne ihnen tatsächlich einfach nur etwas Deutsch beibringen, nett wie ich eben bin ;)
Doch bei ihnen Zuhause, wo wir mit dem Roller hinfahren, erwähnt keiner mehr was von Sprachunterricht. Stattdessen reden wir über die Unterschiede unserer Länder und Kulturen, sie lassen dabei durchscheinen, dass sie es unfair finden, in Indien geboren zu sein, während ich mir alles leisten kann, wovon sie nur träumen. Verständlich.
Bald geht es jedoch ans Eingemachte: Wie ich geahnt habe, betreiben auch sie Handel mit Edelsteinen und fragen mich, ob ich einen Job machen möchte, über den ich mittlerweile bestens bescheid weiß.
Ich spiele das Spiel kurz mit, denn das bedeutet Essen gratis und eventuell sogar ein Schlafplatz umsonst! Angesichts der Knappheit der Gästebetten im oberen Rishikesh wäre das gar keine schlechte Sache. Doch es geht nicht auf. Ich lasse mir alles erzählen, was ich schon mal so ähnlich gehört habe, doch lehne das Angebot am Ende entschlossen ab. Das bedeutet für mich, dass ich gehn muss.
Kurz vorher ist allerdings ein weiterer Freund der beiden, der "Boss", mit zwei jungen Mädels, vielleicht um die Achtzehn, höchstens Zwanzig hereingekommen. Ich weiß, dass auch sie potenzielle Opfer dieses Betrugs sind. Mit ihren jungen Jahren unterstelle ich ihnen eben so ausgeprägte Naivität wie ich sie selbst auf LSD am Strand von Goa an den Tag gelegt habe. Ich habe kurz den Gedanken, sie zu warnen. Doch sie sind bereits völlig eingelullt von den Verführungskünstlern. Letztere möchten mich nur noch los werden, jetzt, wo sie andere, besser geeignete Opfer gefunden haben. Vielleicht haben sie auch Angst, ich könnte die Mädchen warnen. Das tue ich nicht. Aus irgendeinem Grund möchte ich den Lauf der Dinge an diesem Abend einfach nicht beeinflussen. Vielleicht weil ich bekifft bin. Sicher auch, weil die Jungs von der company zu dritt sind und ich nicht rausfinden möchte, wie sie reagieren, wenn ich ihnen in ihrer Privatwohnung das Geschäft versaue. Ich überlasse also die Mädchen ihrem Schicksal, wünsche ihnen, dass sie schlau genug sind und habe unterm Strich immerhin ein Gratis-Essen abgestaubt.

Mittwoch, 25. April 2012

Was, wenn der Teufel der Gute ist?


Als ich das Buch "Gottes geheime Gedanken" aufschlug, hat mir die Einleitung besonders gefallen. Dort wird von einem Wesen berichtet Namens "Llixgrijb", welches in einem Bereich ohne Höhe, Breite und Tiefe und ohne Zeit existiert. Dieses Wesen ist Gott und weil es so unendlich einsam, gefangen in dieser Dimension festsitzt und nichts außer Bewusstsein hat, schafft es sich seine eigenen Welten, ein Universum, ähnlich wie man sich wohl als Mensch in solch einer Lage etwas zusammenträumen würde.

Soweit zu dem Text in "Gottes geheime Gedanken". [Anmerkung: Die Idee zu dem Wesen "Llixgrijb" stammt ursprünglich aus "The Jamais Vu Papers" von Will Coleman und Pat Perrin]
Ich habe leider noch nicht die Zeit gefunden, das Buch komplett zu lesen. Beim Überfliegen der Kapitel konnte ich jedoch leider keine Stelle auf Anhieb entdecken, wo  dieses Wesen nochmal explizit erwähnt wird, bzw. wo über dessen Absichten philosophiert wird. Es geht in dem Buch jedenfalls darum, dass alles ein Bewusstsein ist (Llixgrijb), dass wir dieses Bewusstsein sind; ich und du und alles existierende sind quasi die Gedankenwelten des Wesens, das sich von der Einsamkeit in der einengenden Dimension ohne Handlungsmöglichkeit abzulenken versucht.

Nun gibt es ja viele spirituelle Bewegungen, mittels deren versucht wird, wieder "geistig" zu werden, Kontakt zu dem Urbewusstsein herzustellen, selbst das Urbewusstsein zu sein. Aufsteigen, Llixgrijb werden. 

Aber Llixgrijb will doch nichts lieber, als vergessen, in welch misslicher, aussichtsloser Lage es sich befindet. Es schafft sich eigens Welten, ein Universum, um abgelenkt zu sein, von der Tatsache, dass es völlig allein ist und es nichts gibt außer ihm selbst. Es will die unendliche Einsamkeit vergessen.

Damit komme ich zu meiner Frage: Was ist der Teufel? "Satan", "Mephisto", der "König der Lügen", der "König dieser Welt"? Ist es nicht möglich, dass Lixgrijb sich diese geistige Figur als fundamental notwendig ausgedacht hat, als unverzichtbaren Diener, der sein Vorhaben - ein Universum zu schaffen um zu vergessen - erst ermöglicht?
Die teuflische Kraft ist die, die das Bewusstsein verwirrt, die Lüge und Täuschung verbreitet, die das Bewusstsein in der Materie gefangen halten möchte, auf dass es Gott vergisst und ihm dient. Diese Kraft, der Teufel, könnte doch genau das sein, was das einsame Bewusstsein, gefangen in der Nicht-Dimension ohne Handlungsmöglichkeiten einsetzt, um sich selbst zu verwirren und zu täuschen, um die Illusion herbeizuführen, es sei nicht ein Bewusstsein, sondern viele, die untereinander interagieren, um die Illusion der Materie zu erschaffen und vor allem aufrecht zu erhalten.

Unter diesem Umständen wäre es nicht vom Bewusstsein gewollt, dass die Menschen wieder zu ihm zurückfinden und damit alle "spirituellen Bewegungen" absolut unlukrativ für "Gott". Denn was findet der Suchende am Ende? Sich selbst in dem Bereich ohne Höhe, Tiefe und Breite, Handlungsunfähig, unendlich einsam. Will er das finden? Will er nicht viel lieber bis in alle Ewigkeit dieser furchtbaren Tatsache entfliehen, unendlich viele Welten durchleben, in dem Glauben er sei viele und begegne Anderen, durch Vergessen, durch Täuschung, durch den Teufel?

Die Täuschung funktioniert ja anscheinend so gut, dass Teile von Llixgrijb sich wieder auf die Suche nach sich selbst machen. Das bedeutet, Lixgrijb hat erfolgreich vergessen. Will es sich erinnern oder nicht? Das ist hier die Frage.
Möglicherweise ist es dem Wesen Llixgrijb, so wie einem jeden Menschen auch, jedoch nicht möglich sich selbst komplett dauerhaft zu vergessen und so wird es vielleicht eines Tages zwangsläufig zu sich selbst zurück finden, so wie ein Psychotiker eines Tages aus seinen Wahngedanken erwacht und merkt, wie alles "wirklich" ist. Vielleicht ist das der Kreislauf des Universums: Llixgrijb erschafft sich Welten, um seine missliche Lage zu vergessen, dann vergisst es, aber gerade dadurch, dass es aufgespaltet ist in viele (möglicherweise unendlich viele "Einzelbewusstseinsteile"), fangen einige davon an, nach ihrem Ursprung zu suchen. Folge -> Llixgrijb findet sich eines Tages wieder, erschrickt über die "Wirklichkeit" und erschafft sogleich ein neues Universum, um zu vergessen. Ein ewiger Kreislauf?

Naja, ist nur so ne Idee. In Wirklichkeit ist natürlich alles ganz anders ;)

Dienstag, 24. April 2012

Liebeserklärung an die Stadt Varanasi

Mir ist es grad zufällig aufgefallen, und zwar, weil als einziger Bekannter bei Facebook der gute Divesh aus Varanasi online ist: Einst wandelte ich in dieser zauberhaften Stadt.
8:30 ist es hier, wolkenverhangen, während es in der Stadt des Todes 13:00 Uhr ist und, ich bin mir sicher, die Sonne alles brät, was nicht bei drei im Schatten ist.
Jetzt sucht man sich ein kühles Plätzchen in Varanasi, hängt auf den beliebten Ghats ab, trinkt irgendwo einen Chai (in der Hoffnung, dass er nicht mit Ganga-Wasser gemacht wird), und wandelt in einer Stadt umher, die seit ungefähr 3000 Jahren durchgehend bewohnt und damit eine der ältesten der Erde ist. Die Heiligen sitzen in unnachahmbarer Gelassenheit auf einer Mauer und rauchen ihre Chillums. Man kann sich dazu setzen, sie heißen einen Willkommen und nehmen einen auf, in ihre ruhige, zauberhafte Aura.
Das Leben lebt, nicht nur an den Ghats, auch in den engen Gassen, wo sich Menschen mit Kühen, abgemagerten Hunden und hupenden Mofas den Platz streitig machen, wo aus Geräusch- und Stimmengewirr, sowie einem Mix unterschiedlichster Düfte und durch die vielen bunten Farben und das wirre Treiben eine Atmosphäre entsteht, wie man sie in Europa vergeblich sucht.

Wenn es Nacht wird, und es ist vielleicht gerade ein besonders heiliger Baba gestorben, dann kann man eine Abschiedszeremonie erleben, wie man sie wohl nie wieder erleben wird. Da liegt wahrlich Zauber in der Luft.
Aber auch "gewöhnliche" Nächte in Varanasi haben es in sich. Man kann sich ein Boot mieten und wird über den nachtschwarzen ganga river gerudert; als ich das mit einer Gruppe anderer Reisender gemacht habe, hatte eine Amsterdamerin die nette Idee, hunderte Kerzen in kleinen Körbchen auf dem Fluss auszusetzen. Traumhaft ist mir diese Nacht in Erinnerung geblieben.
Man kann sich aber auch in die "Hinterstadt" wagen, wo die Millionen Einwohner Varanasis die Nacht verbringen: In unendlich vielen Bars und Restaurants, die in bunten Lichtern die sonst stockdunkle Nacht erhellen. Vorsicht ist hier geboten: Manche Hotels in der Altstadt lassen ihre Gäste Nachts gar nicht hinaus, aus Sorge, ihnen könnte etwas zustoßen.
Nicht Grundlos, diese Sorge, Varanasi hat immerhin eine der größten Heroinszenen Indiens, "the unholy side of Varanasi: The most pessimistic estimates state that about 30 kilograms of heroin is sold on the streets of Varanasi every fortnight".

Ich hatte in Varanasi ein paar der schönsten Tage dieses, mir mittlerweile fern erscheinenden Jahres und das lag nicht ausschließlich am Heroin. Höhepunkt für mich, die Nacht im Guesthouse mit dem netten Mädchen aus Kanada, die Portugiesin war, oder umgekehrt. Jedenfalls wollte sie weiter nach Portugal. Ich habe den Moment noch vor Augen, wo sie mir ein "Bidi" auf die Stirn klebt. "you are sooo beautiful" Oh welch grandioser Moment meines Lebens ;) Wo immer du nun auch bist, liebe Kanadaportugiesin, viele liebe Grüße!

Varanasi, ich liebe Dich! Bis eines Tages, ich komme wieder...


















Lustig: Gerade, wo ich diesen Post über Varanasi schreibe, chattet mich Divesh aus Varanasi an. Fast in dem Moment, wo ich seinen Namen geschrieben habe. Sein Kommentar: "this is god connection".
Ja, so sehe ich das auch ;) Beinahe meine ich, gerade den Duft dieser Stadt in der Nase gehabt zu haben...

Montag, 23. April 2012

Lächelnd in den Selbstmord

Hast du dir auch schonmal Gedanken über Selbstmord gemacht? Gleich vorneweg: Ich habe nicht vor, mich umzubringen, es ist also nicht notwendig, mir einen Notarzt vorbei zu schicken.
Ich unterstelle nun einfach mal, dass beinahe jeder sich irgendwann schon mal Selbstmordgedanken gemacht hat. Und ich muss zugeben, dieses Thema übt auf mich eine ungeheure Faszination aus. Mein Weltbild macht Selbstmord überflüssig, bzw. sinnlos und doch versetze ich mich gerne hinein, in Menschen, die denken, sie fielen mit ihrem Tod ins schwarze Nichts, in die endgültige Erlösung.

Das Leben drückt mich manchmal so in die Enge, ich bin manchmal so enttäuscht von allem, inklusive mir, dass ich mich erschöpft hinlege und dann kommen sie wie von selbst, die Gedanken über den von mir selbst herbeigeführten Tod. Bemerkenswert dabei ist, dass es mir sofort gut geht, wenn ich mir vorstelle, wie ich tot bin, wenn ich mir im Geiste ein grandioses Szenario für meinen eigenen Untergang ausmale, wenn ich mir naiverweise vorstelle, wie mich Familie und Freunde, ja am liebsten noch viel mehr Menschen vermissen und wenn ich mir vorstelle, wie sie beginnen, mich mit diesem anderen Blick zu sehen, so wie man Menschen eben plötzlich sieht, wenn sie tot sind.

Es ist ein narzistischer Wahnsinn, dieses Thema Selbstmord, ich bin mir darüber bewusst, doch kann ich mich dem Bann der Faszination nicht entziehen.

Was mir besonders gefällt, was ich auch mal aus einem Buch behalten habe, ist, das Phänomen, dass sich, ab dem Moment, wo man sich entschieden hat, sich zu töten, eine unbändige Leichtigkeit des Seins einstellt. Man ist ab dieser Entscheidung quasi unantastbar und macht Dinge, die man ohne diese Entscheidung wohl nicht getan hätte. Ich kann mir das sehr gut vorstellen. Ich kann mir sogar vorstellen, dass allein aufgrund dieser Entscheidung - sich zu töten - manch einer wieder ins Leben zurückgefunden hat. Weil die Vor-Selbstmord-Euphorie ihn an die schönen Seiten des Lebens erinnert hat.
Schon eine merkwürdige Sache, das Sterben... und vor allem die Gedanken darum.

Montag, 9. April 2012

Trennungsschmerz

Gerade habe ich mich spontan beim Kaffeetrinken gefragt, was eigentlich schwieriger ist: Von Heroin loszukommen oder von einer Frau?

Beides hab ich schon ein paar Mal erfolgreich hinter mich gebracht, wobei ich aber viele Monate gebraucht habe, um mich wieder einzufangen.

Das Loslassen ist nicht immer einfach. Aber vielleicht ist es auch nur nicht einfach, weil man es sich schwer macht oder es durch andere Umstände erschwert wird.
Gewöhnungen aufzulösen, dauert, so vermute ich mit mulmigem Magen, etwa genau so lange, wie sie herbeizuführen. 

Schön ist der Anfang, in ihm liegt all das Potential, all die Träume und Hoffnungen, hier spielt das Leben seine besten Karten aus.
Eines aber ist gewiss: Das Anfangs Schöne bleibt nicht lange, wie es ist. Ich habe mir sehr lange Zeit die Hoffnung gemacht, dass es möglich ist, das anfänglich Schöne aufrechtzuerhalten. Durch vorsichtiges Dosieren zum Beispiel. Nichts tötet Schönes, Spannendes, Angenehmes schneller als das Alltägliche. Das Alltägliche macht Aussergewöhnliches gewöhnlich und damit weniger neu, weniger aufregend, weniger lebendig. 

Ich meine, wer kennt das nicht: da hockt man mal einige Wochen nur aufeinander, im selben Zimmer und irgendwann, bei den einen früher, bei den anderen später, fängt irgendetwas an zu nerven. Man fühlt sich eingeschränkt, man ist sich doch nicht in allen Lebensbelangen ganz einig, man braucht seinen Freiraum, man braucht auf einmal eine höhere Dosis, die Euphorie, die einen am Anfang noch überwältigt hat, lässt nach.

Das kann man durch vorsichtiges Dosieren zwar eine Weile vermeiden, ich bin aber mittlerweile sicher, es geht nicht auf Dauer gut. Abstand ist gefragt, denn ohne genügend Abstand, entsteht die Gewöhnung, die nur schwer wieder aufzulösen ist.
Wenn man also im Begriff ist, sich an etwas/jemanden zu gewöhnen, gewissermaßen zu binden, sollte man sich genau ansehen, wer oder was das eigentlich ist, mit dem man da einen Tanz eingeht. Nicht, dass es am Ende der Teufel ist, getarnt als deine Wünsche und Hoffnungen, dessen Verkleidung erst nach und nach zerbröckelt, nämlich mit der Gewöhnung, mit dem Alltag.

Irgendwann streitet man sich auch, man entdeckt die Schattenseiten des Anderen, eigene Schattenseiten steigen plötzlich empor, als würden sie durch den anderen heraufbeschworen.
Das befreiende Gefühl vom Anfang ist weg, auf einmal kehrt es sich gar ins Gegenteil und man fühlt sich eingeschränkt. Trotzdem: Ist man dann allein, stellt sich dieses merkwürdige Gefühl ein, dass etwas fehlt. Wieso denn plötzlich? Im Lebensabschnitt vorher fühlte man sich doch auch komplett, ohne.
Die Gewöhnung ist also da und ab diesem Zeitpunkt bekommt man sie ohne Trennungsschmerz nicht mehr weg. 

Sicher gibt es Unterschiede zwischen der Entwöhnung von einer Beziehung und der vom Opiat.
Doch beides schmerzt den Geist, der den Anfang nicht vergessen kann. Der die warme Umarmung, die absolute Zufriedenheit, das Glück im Hier und Jetzt, das Verschmelzen mit der Gegenwart, der all die schönen Versprechungen nicht vergessen kann, die man sich Anfangs macht, die sich aber sicher nicht erfüllen werden.
Denn wer weiß, vielleicht ist das ein Prinzip des Lebens: Dass wir immer wieder durch Erfahrungen geführt werden, in denen es genau darum geht: sich von dem zu lösen, woran wir uns gewöhnt haben (Keine Anhaftung, alles soll im Fluss bleiben?) Es fühlt sich ungerecht an, dass man es hinter sich lassen muss. Aber eines bringt es auch mit sich: Man wächst und wächst und wächst...

Das Leben geht weiter.


[Dieser Beitrag ist, wie man unschwer erkennen kann, aus der Sicht eines männlichen Menschen geschrieben. Er kann aber, denke ich, auch umgedichtet werden auf die Perspektive einer Frau.]