Montag, 26. September 2011

Facebook als Sterbehilfe

Gerade schlürfte ich einen Kaffee hinunter und sogleich fingen meine Hirnwindungen an, sich um sich selbst zu schlängeln, gewagte akrobatische Bewegungen auszuführen und ich wurde wie magisch an den Laptop gezogen, um etwas niederzuschreiben. Um ganz ehrlich zu sein, ist es mir schon gestern Nacht im Bett, kurz vor dem Schlafengehn eingefallen und ich habe dann beschlossen, es am nächsten Morgen – sprich, jetzt – nochmal aufzutauen und darüber nachzudenken. Folgendes kam dabei heraus:
Ihr kennt ja alle Facebook. Dieses Unternehmen wünscht sich immer eindringlicher den völlig „gläsernen Benutzer“, wie es gestern in den Nachrichten hieß. Soll heissen: Die Benutzer dieses sozialen Netzwerks werden dazu animiert immer mehr persönliche Informationen preiszugeben und zwar an möglichst viele andere. Kurz und knapp gesagt: Die Privatssphäre eines Facebooknutzers wird in Zukunft kaum mehr dem entsprechen, was wir eigentlich unter dem Begriff „Privat“ verstehen. Vielen ist das egal oder sie nehmen es in Kauf, um weiter Facebooken zu können. Andere finden es grauenhaft und sehen den totalen Überwachungsstaat um die Ecke lauern.
Ich, für meinen Teil, möchte an diesem sonnigen Tage den Sachverhalt mal von einer ganz anderen, eher unkonventionellen Seite beleuchten. Manch einer würde es sicher auch als abwegig oder gar als Mumpitz bezeichnen, was nun folgt:
Schauen wir doch mal genauer hin, was passiert da eigentlich, wenn wir unsere Privatssphäre (nicht nur durch Facebook) verlieren? Ist das wirklich unbedingt etwas Unangenehmes?
Wenn es so abläuft, dass die Bürger eines Staates alles persönliche von sich brachliegen haben, und eine Regierung diese Informationen beliebig verwenden kann, ohne dabei selbst die Hüllen fallen zu lassen, dann: Ja!
Das ist dann nicht fair. Entweder alle oder keiner!
Wobei wir direkt bei einer weiteren Möglichkeit sind: Was wäre eigentlich, wenn jeder alles über jeden wüsste? Wenn wir gewissermaßen telepathisch verbunden wären und dadurch so etwas wie Privatssphäre einfach gar nicht entstehen könnte. Auch nicht für einen Staat. Ich möche noch weiter gehen und die Frage stellen, ob es nicht sogar das Private ist, das unsere derzeitige, miese zwischenmenschliche Situation zu verantworten hat. Wenn wir alles übereinander wüssten, gäbe es dann auch so viele Missverständnisse? Würden wir uns dann nicht anders verhalten, irgendwie verständnisvoller?
Was geschieht eigentlich nach dem Tod? Vielleicht werden wir rücksichtslos aus unserer eigenen kleinen Gedankenwelt herausgerissen und in den großen Pool, ins Licht, ins Sichtbare und Durchschaubare, zum ganzen Rest des lebendigen Universums geschmissen, wo wir uns dann zwangsläufig mit der Non-Privatität konfrontiert sehen. Wären wir dann lieber besser darauf vorbereitet?
Unter diesen Umständen – aber nur unter diesen – könnte man das zunehmende Abhandenkommen des privaten Lebens als eine hilfreiche Entwicklung sehen. Aber dazu muss man in der Lage sein, über sein menschliches Dasein hinaus zu sehen und zu erkennen, was für einen Nutzen das für den unendlichen Geist, auf seiner Wanderschaft durch das Universum, haben könnte. Vielleicht sollen wir mit den aktuellen Ereignissen auf dem Planeten auf unsere weitere Reise vorbereitet werden und missinterpretieren sie als etwas Unerwünschtes; bzw. ist die Ablösung von gewohnten, verfestigten Gegebenheiten zunächst oft eher ungemütlich.Wer weiß das schon alles so genau…

1 Kommentar:

ℐlasţradamuⓈ hat gesagt…

Just auf diesen Blog gestoßen und sofort etwas beim Textscannen alter Beiträge gefunden (offenbar zog mich dieses F-Wort im Titel ebenso magisch an ^^), das zeitlos erscheint und heute auch noch den Kern der Dinge hervorbringt.
Vor allem der quergedachte Gang mit dem Vergleich zum Tod und der damit einhergehenden Auflösung der 'Privatsache' gefiel mir persönlich besonders gut.