Montag, 26. September 2011

Ein naiver M̦chtegernhippie im fernen Indien РReisebericht , Teil 1


Die Weltprobleme rauschen an mir vorbei. Denn ich habe nur eine einzige Sorge dabei: Hoffentlich wird mein Flug, der über Doha geht nicht gestrichen. Nichts Anderes will ich, als jetzt endlich meine Reise antreten. Mit den Weltproblemen wird es sich in Zukunft ja doch nicht einränken. Ich jedenfalls möchte noch etwas von der Welt sehen, bevor irgendeine Hyper-Wirtschaftskrise sowas tolles wie Billigflüge gar unmöglich macht.
Die Tage vor dem Flug: Ich bin dauernervös. Ist das etwa zu groß für mich? Alleine nach Indien? Ach, stell dich nicht so an. Es wird vielleicht das Abenteuer deines Lebens! Oder dein Körper liegt bald, ausgeschlachtet und aller Organe beraubt in einer Seitengasse von Mumbai?
Ich bin ja eigentlich eher Menschenscheu. Warum zum Teufel suche ich mir also für die Reise in die Ferne wie ferngesteuert ausgerechnet Indien aus? Ein überbevölkertes Land? Was soll das? Bin ich etwa total bescheuert? Oder wurde dieses Land für mich ausgewählt, auf einer Metaebene, zu Heilungszwecken, als Aufgabe oder so? Na,der Flug war jedenfalls gebucht, es gab kein Zurück mehr!
Ich fahre extra früh mit dem ICE einen Tag vorher los. Denn genau am Datum meiner Abreise wird auf exakt der Strecke, die ich zum Flughafen nehmen muss, gestreikt. Wie jetzt, wollen mich irgendwelche kosmischen Kräfte aufhalten? Oder gar warnen? Flieg nicht, flieg bloß nicht!
Ich übernachte am Flughafen. Ein Satz, der dabei hängenblieb, von einer freundlichen, überirdisch hallenden Frauenstimme gesprochen: „Bitte lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt.“ Ja, mach ich nicht. Verdammt nochmal!
Dann endlich, nach Stundenlangem warten, sitze ich im Flugzeug. Es geht gut los: Wir fahren bereits Richtung Startbahn, das Flugzeug beschleunigt, ich denke: Ja, ab in die Lüfte, doch dann bekommt der Mann in der Sitzreihe genau vor mir einen Anfall. Herzinfarkt? Sofort ist die Bordbegleitung da, ein Mann im weißen Hemd ist zufällig Arzt. Die Maschine bremst, Sanitäter werden gerufen. Der Mann ist allerdings schnell wieder wohlauf, er hätte nur kurz keine Luft bekommen, sagt seine Frau. Es sei alles in Ordnung! Doch der Pilot darf nicht fliegen. Aus Sicherheitsgründen muss der Mann ins nächste Krankenhaus gefahren werden und dort muss ein Arzt im Dienst bestätigen, dass er gesund ist. Das dauert eine Stunde oder länger.
Dann kommt endlich erlösend der Krankenwagen angefahren, der Mann nimmt Platz, ich atme auf. Erneuter Anlauf. Und wir heben tatsächlich ab!
Ich bin erstaunt über das komfortable Flugzeug der Airline. Wir bekommen ständig was zu Essen und zu Trinken. Toll. Eine Asiatin neben mir schaut einen Film nach dem anderen. Ich bin so aufgeregt, dass ich mich gar nicht auf so was konzentrieren könnte.
Zwischenlandung in Doha. Ich steige aus und genieße es, wie die warme Wüstenluft mich umweht. Das hat mir gefehlt im winterkalten Deutschland! Genau das! Das Publikum wird anders: Alle tragen Turbane oder sind verschleiert. Ich wäre ja gerne in die nächtliche Wüste gerannt, wir Passagiere werden allerdings durch verschiedene Sicherheits- und Was-weiß-ich-Schleusen ins nächste Flugzeug geleitet.
Jetzt sitzt bereits ein Inder neben mir. Der Flug ist unspektakülär, ich spüre die Müdigkeit von der inzwischen zweiten schlaflosen Nacht. Wenn ich ankomme wird es 5 Uhr Morgens sein. Ich schaffe die Rechnung nicht, wie spät es dann in Deutschland ist. Naja, erstmal unwichtig.
Und schließlich kommt eine Durchsage des Kapitäns, die wohl soviel bedeuten muss wie: Wir landen gleich in Bombay. Äh Mumbai. Wahnsinn! Diese Stadt muss so groß wie ganz Deutschland sein! Dann endlich setzt der Pilot zum landen an. Der Inder freut sich: „Finally, my country!“
Ich durchlaufe einige undurchschaubare bürokratische Prozesse, dann bin ich auf einmal da, wo Exit steht. Unglaublich. Ich wechsle 100 Euro in Rupees und denke mir: Das muss jetzt erstmal reichen für mindestens 2 Wochen. Ha! Du naiver Narr!
Draussen schwüle Luft und dieser einzigartige Mumbai-Geruch. Erst gefällt er mir irgendwie, doch dann fällt mir auf, dass es ja auch stark nach Abgasen riecht. Aber eben auch tropisch. Und das gefällt mir.
Nur noch Inder zu sehen. Und alle sind sie Taxifahrer! Und wenn ich in diesem Moment gewusst hätte, dass ich gleich auf einen wesentlichen Charakterzug eben jener treffe, so wäre ich womöglich gleich wieder zurückgeflogen. Das wahre Gesicht Indiens? Das Lügengesicht Indiens! Ich zahle etwa 3 bis 4 mal soviel wie normal dafür, dass ich nur endlich schlafen kann! Absolut nicht in der Lage zu diskutieren. Ich weiß dass ich betrogen werde, doch ich kann nichts tun. Denn alle, die sie dort stehen, am Flughafentaxistand, arbeiten irgendwie zusammen. Wem vertrauen? Am Ende führen sie mich doch wieder zu dem einen, der schon schelmisch grinst und meint, ich fände hier nichts günstigeres. Die Situation hat etwas von einem fiesen LSD-Trip.
Wilde Taxifahrt. Chaotischer Verkehr. Im Hotel lasse ich mir noch 2 Bier bringen und gehe kurz auf die Straße, der Hotelmann sagt ich solle lieber drin bleiben. Dangerous at night! So erhasche ich nur ganz kurz einen Eindruck von diesem fremden Land. Doch ich kann einfach nicht mehr. Ich falle bald in einen tiefen Schlaf.
Zuerst hatte ich ihnen nicht vertraut, doch die Hotel-Clique hat mir tatsächlich einen Bus nach Goa organisiert. Das Sollte im Preis inbegriffen sein. Und die Taxifahrt zum Busstand. Auf dem Busticket steht allerdings der wahre Preis.
Über 50 Euro sind jetzt schon ausgegeben. Ach egal, ich werde in Zukunft einfach wachsamer sein (denkste!). Auf dem Weg zum Busstand sehe ich genau so viele Kühe wie Fahrradfahrer. Und es scheint nur eine einzige Verkehrsregel zu geben: Wer am lautesten hupt, kommt als erster durch! Allgemein geht es hier etwas wilder und chaotischer zu. Und so viele Menschen! Der Mix aus Düften beschäftigt meine Nase. Ich staune wie ein blöder Tourist aus dem Taxi raus und einige Inder schauen mich an, als käme ich aus einer anderen Welt. Da dämmert es mir plötzlich: Ich komme tatsächlich aus einer anderen Welt!
Im Bus lehne ich mich zurück und versuche die Fahrt nach Goa zu genießen. 12 Stunden oder so. Doch mit Genuß ist nicht viel in einem Indischen Linienbus! Die Inder finden es lustig oder eben voll normal, wenn es so gewaltig rumpelt, dass man aus dem Sitz in die höhe schiesst und fast an die Decke kracht.
Ich komme, wieder unausgeschlafen, in Goa an. Kaum aus dem Bus ausgestiegen, sitze ich in einer Rickshaw nach Anjuna Beach. Diesen Strandnamen habe ich noch irgendwie im Kopf und er erscheint mir ganz spontan als ein vernünftiges vorläufiges Ziel. 150 Rupees für die fahrt halte ich ebenfalls für angemessen. Eine gewisse Erleichterung macht sich breit.
Dann erscheint er vor mir: Der Strand.

Das war nur der unspektakuläre Anfang. Lest in Kürze auch, wie ich zum Beispiel in Goa in die Fänge einer fiesen Edelsteinfälscherbande gerate, worauf man in Indien beim Haschischkauf achten sollte, wo man noch ehrliche Inder trifft, wie ich mich unter Anderem in Varanasi auf einen Tanz mit Heroin einlasse und wo und wann es eindeutig viel zu heiss ist!

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